Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 09.08.2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. wegen Alters streitig, insbesondere, ob die Zeit vom 20.06.1954 bis zum 24.08.1954 als Anrechnungs- oder Überbrückungszeit anzurechnen ist und dementsprechend auch die nachfolgenden Zeiten bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen sind.
Mit Bescheid vom 02.12.1991 hatte die Beklagte der am …1935 geborenen Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01.06.1991 bewilligt. In dem damaligen Versicherungsverlauf waren die folgenden rentenversicherungsrechtlichen Zeiten gespeichert:
17.05.1950 bis 30.06.1950: Pflichtbeiträge,
01.07.1950 bis 17.09.1950: nicht versichert,
18.09.1950 bis 20.03.1951: Pflichtbeiträge,
21.03.1951 bis 31.12.1951: nicht versichert,
01.01.1952 bis 20.03.1953: Pflichtbeiträge,
21.03.1952 bis 04.05.1952: nicht versichert,
05.05.1952 bis 21.12.1952: Pflichtbeiträge,
22.12.1952 bis 11.03.1953: nicht versichert,
12.03.1953 bis 20.06.1954: Pflichtbeiträge,
21.06.1954 bis 31.10.1954: nichtversichert.
Die insgesamt fünf Kinder der Klägerin wurden am 05.10.1954 (H …), 25.12.1955 (E …), 02.06.1957 (A …), 15.06.1958 (D …) und 17.11.1961 (M …) geboren, für die die Beklagte entsprechende Versicherungszeiten wegen Kindererziehung vermerkt hatte. Pflichtbeiträge aufgrund einer Beschäftigung entrichtete die Klägerin wieder ab dem 11.03.1963 mit Unterbrechungen bis zum 01.12.1986. Anschließend folgten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bzw. Arbeitslosigkeit.
Auf deren Antrag hin wandelte die Beklagte mit Bescheid vom 10.03.1992 die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in eine solche wegen Berufsunfähigkeit (ab 01.06.1991) um und gewährte mit Bescheid vom 13.04.1992 ab dem 01.02.1992 wiederum Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Bezüglich des hier streitigen Zeitraumes blieben die Eintragungen im Versicherungsverlauf unverändert.
Am 17.03.2000 beantragte die Klägerin die Umwandlung der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit in eine Altersrente und am 20.03.2000 die Neuberechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente gem. § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) im Hinblick auf den eingereichten Nachweis einer weiteren Zeit der Arbeitsunfähigkeit vom 23.10.1951 bis zum 05.12.1951. In der Bescheinigung vom 14.03.2000 teilte die AOK Westfalen-Lippe weiter mit, die Klägerin sei vom 18.09.1950 bis zum 20.03.1952, vom 05.05.1952 bis zum 23.12.1953 sowie vom 12.03.1953 bis zum 20.06.1954 Mitglied der AOK gewesen. Arbeitsunfähigkeit habe während der folgenden Zeiträume bestanden:
23.10.1951 bis 05.12.1951;
23.12.1952 bis 12.01.1953;
15.01.1953 bis 09.02.1953;
18.05.1954 bis 13.06.1954.
Daraufhin erließ die Beklagte unter dem 07.04.2000 einen Neufeststellungsbescheid über die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, mit dem sie den Zeitraum 23.10.1951 bis 05.12.1951 als Zeit der Arbeitsnfähigkeit anerkannte. Zugleich lehnte sie die Berücksichtigung u. a. der Zeit vom 24.08.1954 bis 30.11.1954 sowie der in der Folgezeit gespeicherten Zeiten der Schwangerschaft mit der Begründung ab, Anrechnungszeiten lägen nicht vor; denn eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit sei nicht unterbrochen worden.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zum 20.03.1952 sei entgegen der Bescheinigung der Krankenkasse nicht berücksichtigt worden.
Die Beklagte forderte daraufhin von der AOK Westfalen-Lippe die Personalakte der Klägerin an. Daraus ergab sich, dass an den folgenden Tagen Krankenscheine für die Klägerin ausgestellt worden waren: 24.10.1951, 23.12.1952, 16.01.1953, 04.02.1954, 26.02.1954 und 13.04.1954. Als Austrittsdatum aus der Versicherung war der 20.06.1954 vermerkt.
Mit Bescheid vom 13.06.2000 half die Beklagte dem Widerspruch der Klägerin teilweise ab und erkannte folgende weitere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit an: 23.10.1951 bis 05.12. 1951; 23.12.1952 bis 09.02.1953. Die Anerkennung der Zeit ab dem 24.08.1954 als Anrechnungszeit lehnte sie jedoch weiterhin wegen Fehlens des Unterbrechungstatbestandes ab.
Ihren erneuten Widerspruch begründete die Klägerin wie folgt: Die Zeit ab dem 24.08.1954 müsse als Zeit der Arbeitsunfähigkeit (Anrechnungszeit) anerkannt werden. Es treffe nicht zu, dass eine Tätigkeit nicht unterbrochen worden sei. Vielmehr habe sie ihre vorherige Berufstätigkeit wegen Schwangerschaftsbeschwerden aufgeben müssen. Sie habe sich nicht wie andere Arbeitnehmer unter Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses krank schreiben lassen, sondern die Tätigkeit aufgegeben, weil sie von ihrer Erziehung her so geprägt gewesen sei. Sie habe niemandem zur Last fallen wollen. Trotzdem sei es zu Ausfällen gekommen, die bis zu Komplikationen bei der Geburt reichten. Die Niederkunft habe dann plötzlich verfrüht zu Hause durchgeführt werden müssen. Es lägen deshalb keine Klinikberichte vor. Arzt und Hebamme seien schon verstorben. Allenfalls könne ihr Ehemann Angaben zur Kompliziertheit der Geburt machen. Aufgrund der ungewöhnlichen Geburtslage habe ihre Tochter eine Zehenfehlstellung erlitten. Zumindest müsse die Zeit vom 21.06. bis zum 23.08.1954 als Überbrückungszeit anerkannt werden und damit Anrechnungsvoraussetzung für die folgenden Zeiten sein.
Mit Bescheid vom 17.07.2000 bewilligte die Beklagte Regelaltersrente ab dem 01.07.2000. Die Berücksichtigung der Zeit vom 21.06.1954 bis zum 23.08.1954 als Anrechnungszeit bzw. vom 24.08. bis zum 31.10.1954 als Anrechnungszeit lehnte sie wegen fehlenden Nachweises bzw. wegen Fehlens des Unterbrechungstatbestandes ab.
Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 20.09.2000 als unbegründet zurück, soweit ihm nicht mit Bescheid vom 13.06.2000 abgeholfen worden war. Nach § 58 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) seien Zeiten, während derer der Versicherte u. a. wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sei, Anrechnungszeiten, wenn durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit unterbrochen worden sei. Das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit müsse nachgewiesen werden. Ein solcher Nachweis könne nach der Rechtsprechung nicht durch Zeugenaussagen medizinischer Laien erbracht werden. Für die Zeit vom 21.06.1954 bis zum 23.08.1954 habe die Klägerin keine Unterlagen beigebracht, die den Nachweis des Vorliegens von Arbeitsunfähigkeit bestätigten. Ihre eigenen und die Aussagen ihres Ehemannes könnten nicht zur Anrechnung dieser Zeit führen. Deshalb seien auch nachfolgende Zeiten als Anrechnungszeiten nicht berücksichtigungsfähig, da durch sie keine versicherungspflichtige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit unterbrochen worden sei. Eine Neuberechnung der Rente könne somit nicht erfolgen.
Am 09.10.2000 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Detmold erhoben. Ergänzend hat sie vorgetragen, ihrer Auffassung nach sei durch die Vielzahl der Indizien nachgewiesen, dass sie die vorherige Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen habe aufgeben müssen. Ergänzend seien beispielsweise die Schwere der Niederkunft und die folgenden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit zu berücksichtigen.
Die Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Bescheide vom 07.04.2000, 13.06.2000 und 17.07.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2000 zu ändern und die Zeit vom 21.06.1954 bis zum 24.08.1954 als Anrechnungs- oder Überbrückungszeit anzurechnen und dementsprechend auch die nachfolgenden Zeiten bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie sich im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid bezogen.
Mit Gerichtsbescheid vom 20.07.2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Zeit vom 21.06.1954 bis zum 23.08.1954 könne nicht angerechnet werden, so dass auch die danach liegenden Zeiträume keine Anrechnungszeiten darstellten. Für den fraglichen Zeitraum seien weder die Voraussetzungen für eine Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in Verbindung mit § 252 Abs. 7 SGB VI noch die Voraussetzungen für eine Überbrückungszeit im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfüllt.
Die Anerkennung des Zeitraumes als Anrechnungszeit scheitere an dem fehlenden Nachweis der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin in die sem Zeitraum. Arbeitsunfähigkeit bedeute in diesem Zusammenhang, dass die Versicherte infolge eines regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustandes ihrer bisher ausgeübten oder einer ähnlich gearteten Erwerbstätigkeit überhaupt nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, ihren Zustand zu verschlimmern, nachgehen konnte. Entsprechende Nachweise über eine Zeit der Arbeitsunfähigkeit in Form von Bescheinigungen der Krankenkasse lägen für den fraglichen Zeitraum nicht vor. Die letzte Zeit der Arbeitsunfähigkeit sei von der AOK Westfalen-Lippe für die Zeit vom 18.05. bis zum 13.06.1954 bescheinigt worden. Andere Beweismittel, insbesondere in Form von ärztlichen Bescheingungen oder medizinischen Unterlagen, könne die Klägerin nicht vorlegen. Auch die von ihr aufgezählten Indizien seien nicht geeignet eine entsprechende Überzeugung des Gerichts zu begründen. Soweit sie sich auf die Auskünfte ihres Ehemannes berufe, der die damaligen Umstände, insbesondere die schwierige Geburt ihrer ersten Tochter bestätigen könne, sei dem nicht weiter nachzugehen gewesen, weil dies für die hier zu entscheidende Frage unerheblich sei. Ob es sich um eine schwere Geburt gehandelt habe oder nicht, habe letztlich nichts mit der davor liegenden Zeit der Schwangerschaft zu tun. Zwingende medizinische Rückschlüsse auf eine Arbeitsunfähigkeit in den Monaten davor lasse dies nicht zu. Zudem sei der Ehemann der Klägerin medizinischer Laie. Aussagen solcher Personen, die nicht berufen seien medizinische Sachverhalte zu beurteilen, seien keine geeigneten Beweismittel für die Frage der Arbeitsunfähigkeit. Sie seien deshalb vom Zeugenbeweis ausgeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.1967, Az.: 11 RA 152/67).
Auch die übrigen von der Klägerin vorgetragenen Indizien führten in ihrer Gesamtheit nicht zu einem anderen Ergebnis. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, wenn die Klägerin angebe, sie habe ihren Beruf freiwillig ausgegeben, um der Krankenversicherung bzw. dem Arbeitgeber nicht zur Last zu fallen. Ausweislich der Bescheinigungen der AOK Westfalen-Lippe sei sie jedenfalls in den Zeiten 1951 bis 1954 mehrfach, zum Teil auch für längere Zeit, krank gewesen und krank geschrieben worden. Dementsprechend könne davon ausgegangen werden, dass sie sich, wenn sie am 21.06.1954 nach der letzten Zeit der Arbeitsunfähigkeit wieder arbeitsunfähig geworden wäre, auch wieder arbeitsunfähig gemeldet hätte. Für diese Annahme spreche im Übrigen auch, dass die Klägerin in ihrem Rentenantrag vom 31.05.1991 für den hier fraglichen Zeitpunkt der Arbeitsaufgabe nicht Krankheit oder Arbeitsunfähigkeit in das entsprechende, dafür vorgesehene Feld eingetragen habe. Auch habe sie während der gesamten seit 1991 anhängigen Verfahren zu keinem Zeitpunkt Angaben zu dem Grund der Aufgabe der Beschäftigung im Juni 1954 gemacht. Dies hätte aber nahe gelegen, wenn die Aufgabe der Tätigkeit aufgrund der von ihr jetzt dargestellten nachhaltigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen erfolgt wäre; denn bereits in dem Rentenbescheid aus dem Jahre 1991 sei die zwischen den Beteiligten jetzt streitige Zeit nicht gespeichert gewesen. Dementsprechend hätte bereits damals Anlass bestanden, die bestehende Lücke aufgrund entsprechender Angaben oder Ermittlungen zu schließen. Die Argumenation der Klägerin würde aber auch nur dann zum Erfolg führen, wenn es sich bei der fraglichen Zeit vom 21.06. bis zum 23.08.1954 um eine nahtlose Zeit der Arbeitsunfähigkeit gehandelt hätte bzw. die Zeit der Arbeitsunfähigkeit über einen Monat angehalten hätte, vgl. § 252 Abs. 7 SGB VI. Soweit die Klägerin sich in diesem Zusammenhang auf ihre schwierige Schwangerschaft berufe, sei dies ebenfalls nicht nachvollziehbar, da die Entbindung erst weit über einen Monat nach dem Ende des hier fraglichen Zeitraumes, nämlich am 05.10.1954, erfolgte und somit die hier fraglichen zwei Monate noch relativ weit vor dem kritischen Zeipunkt der Niederkunft lagen. Soweit es sich um eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer zeitlich befristeten Erkrankung während der Schwangerschaft gehandelt haben sollte, könne davon ausgegangen werden, dass diese Erkrankung zumindest nicht drei Monate angehalten haben dürfte, zumal die Klägerin auch zuvor bereits bis zum 13.06.1954 krank geschrieben war.
Auch die Voraussetzungen für eine durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelte sog. Überbrückungszeit lägen nicht vor. Hierbei handele es sich um Zeiten, die den Anschluss für eine Anrechnungszeit im Sinne des § 58 SGB VI wahrten, auch wenn eine Unterbrechung im Sinne dieser Vorschrift nicht vorliege. Diese Überbrückungszeiten seien selbst keine Anrechnungszeiten, sondern wahrten nur den Anschluss. Ihnen sei gemeinsam, dass der Versicherte aufgrund eines von ihm nicht zu vertretenden Arbeitsschicksales gehindert gewesen sei Pflichtbeiträge zu leisten. Solche Überbrückungszeiten könnten auch Zeiten der Arbeitsunfähigkeit sein, wenn die Voraussetzungen für eine Anrechnungszeit, bspw. wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 252 Abs. 7 SGB VI, nicht erfüllt seien. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergebe, sei jedoch gerade der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit für die fragliche Zeit durch die Klägerin nicht zu führen. Dementsprechend komme die Anerkennung einer Überbrückungszeit mit der Folge, dass zumindest die nachfolgenden Zeiten als Anrechnungszeiten anzuerkennen wären, sofern die Voraussetzungen erfüllt seien, nicht in Betracht. Bei dieser Sachlage seien auch keine anderen Anhaltspunkte ersicht lich, die dazu führen könnten, den hier fraglichen Zeiraum als Überbrückungszeit anzuerkennen. Zwar ließen sich die Fälle möglicher Überbrückungszeiten nicht abschließend aufzählen, es müsse vielmehr jeder Einzelfall gesondert beurteilt werden. Als rentenversicherungsrechtlich erhebliche Überbrückungstatbestände könnten aber nur solche angesehen werden, die ihrerseits in Einklang mit dem Sinn und Zweck der Anrechnungszeitregelung stünden. Dieser bestehe darin, den Versicherten vor Nachteilen zu schützen, die dadurch eintreten könnten, dass er durch bestimmte, in seiner Person liegende Gründe daran gehindert gewesen sei Pflichtbeiträge zu leisten, die er sonst entrichtet hätte. Ob die Klägerin aus Gründen, die in ihrer Person lagen, also wegen der vorgetragenen Arbeitsunfähigkeit nicht in der Lage gewesen sei Pflichtbeiträge zu entrichten, sei im vorliegenden Fall nicht nachweisbar. Wäre der Nachweis zu erbringen, so würde eine Anrechnungszeit vorliegen. Im Vordergrund stehe hier also die Frage der Beweisnot der Klägerin. Insoweit liege kein Bezug zum Arbeitsschicksal der Klägerin vor. Die Beweisbarkeit könne nach dem Sinn und Zweck der Überbrückungszeiten jedoch nicht mit diesem Instrument gelöst werden.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 10.08.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.08.2001 Berufung eingelegt. Zur Begründung bezieht sie sich auf ihr bisheriges Vorbringen. Sie erstrebt (nur noch) die Anerkennung der Zeit vom 12.06. bis zum 21.08.1954 als Überbrückungszeit mit der Folge der rentenrechtlichen Berücksichtigung der folgenden Zeiten. Ergänzend weist sie darauf hin, sie habe die damals verrichtete schwere Arbeit als Schwangere keinesfalls weiter verrichten können. Sie habe Stoffballen von etwa 38 kg Gewicht und mehr tragen und bewegen und auch beim Entladen der Lastkraftwagen helfen müssen. Bei jedem Arbeitsgang am Tisch, also etwa 15 Mal pro Minute, habe sie sich bei einer Körpergröße von 1,47 m über einen 75 bis 80 cm hohen Arbeitstisch legen müssen, so dass der Bauch durch die Tischkante tief eingedrückt wurde. Dies sei ab dem 5. Schwangerschaftsmonat eine Tortur für Mutter und Kind gewesen. Ihre Arbeitsniederlegung sei deshalb richtig gewesen. Leider habe sie nicht auf ihren Arzt gehört und sich krank gemeldet, sondern das Arbeitsverhältnis aufgegeben. Körperlich leichte Arbeiten habe es bei der Fa. Textilveredelung B … in S … nicht gegeben.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 20.07.2001 zu ändern und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 07.04.2000, 13.06.2000 und 17.07.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2000 zu verpflichten, die Zeit vom 21.06.1954 bis zum 24.08.1954 als Überbrückungszeit anzurechnen und dementsprechend auch die nachfolgenden Zeiten bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das erstinstanzliche Urteil als zutreffend.
Der Senat hat den Beteiligten eine Kopie des Gesetzes zum Schutz der erwerbstätigen Mütter (Mutterschutzgesetz) vom 24.01.1952 ausgehändigt (Bundesgesetzblatt I S. 69 ff).
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Rentenakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20.07.2001 abgewiesen. Der Klägerin steht ein Anspruch auf eine höhere Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen Alters nicht zu; denn die Zeit vom 21.06. bis zum 24.08.1954 ist nicht als Überbrückungszeit anzuerkennen, so dass Anschlusszeiten nicht rentensteigernd zu berücksichtigen sind.
Zur Begründung nimmt der Senat zunächst gem. § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichtsbescheides Bezug, denen er sich nach eigener Prüfung vollinhaltlich anschließt. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass eine Überbrückungszeit auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Regelungen des damals maßgebenden Mutterschutzgesetzes 1952 (BGBl I S. 69) in Betracht kommt.
Das von der Rechtsprechung entwickelte Institut eines sogenannten Überbrückungstatbestandes, das ausnahmsweise größere zeitliche Lücken zwischen Anrechnungs- oder Ersatzzeittatbeständen rentenrechtlich unschädlich schließen soll, hat neben einer zeitlichen Dimension auch einen kausalen Bezug. Es soll insbesondere für Zeiträume Anwendung finden, in denen der Versicherte ohne den betreffenden Ausfall- bzw. Überbrückungstatbestand voraussichtlich Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung entrichtet hätte. Dabei haben verschiedene Wertungsgesichtspunkte einzufließen, die den Schutzzweck der Norm berücksichtigen. Vor allem kommt es darauf an, ob der Versicherte nach den Gesamtumständen noch dem aktiven Erwerbsleben zuzurechnen ist, also ob auch während des Lückenzeitraumes ein hinreichender innerer Zusammenhang dazu besteht. Hierbei spricht es zu Gunsten des Versicherten, wenn die Lücke unverschuldet, durch von ihm nicht zu vertretende Umstände oder durch sozialadäquates, von Verfassungs wegen schützenswertes Verhalten entstanden ist (vgl. Bundessozialgericht Urteil vom 01.02.2001 – B 13 RJ 37/00 m.w.N.).
Die hier vorliegende Fallgestaltung ließe sich an das damals bestehende Beschäftigungsverhältnis der Klägerin mit der Firma Textilveredlung Blanke in Schöttmar anknüpfen. Nach den von der Klägerin auf Befragen im Verhandlungstermin geschilderten Arbeitsbedingungen bei diesem Beschäftigungsbetrieb bestehen Anhaltspunkte dafür, dass Beschäftigungsverbote für werdende Mütter nach dem Mutterschutzgesetz 1952 (Bundesgesetzblatt I, S. 69 vorgelegen haben.
Gemäß § 3 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes 1952 durften werdende Mütter nicht beschäftigt werden, soweit nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist. Nach § 4 Abs. 1 der Vorschrift durften werdende Mütter unter anderem nicht mit schweren Arbeiten beschäftigt werden. Nach der in § 4 Abs. 2 vorgenommenen Konkretisierung durften werdende Mütter insbesondere nicht beschäftigt werden a) mit Arbeiten, bei denen regelmäßig Lasten von mehr als 5 kg Gewicht oder gelegentlich Lasten von mehr als 10 kg Gewicht ohne mechanische Hilfsmittel von Hand gehoben oder regelmäßig Lasten von mehr als 8 kg Gewicht oder gelegentlich Lasten von mehr als 15 kg Gewicht ohne mechanische Hilfsmittel von Hand bewegt oder befördert werden. Sollen größere Lasten mit mechanischen Hilfsmitteln von Hand gehoben, bewegt oder befördert werden, so darf die körperliche Beanspruchung der werdenden Mutter nicht größer sein als bei Arbeiten nach Satz 1,
b) mit Arbeiten, bei denen sie ständig stehen müssen, falls nicht Sitzgelegenheit zum kurzen Ausruhen benutzt werden kann. Die Beschäftigung mit solchen Arbeiten darf nach Ablauf des 5. Monats der Schwangerschaft täglich vier Stunden nicht überschreiten,
c) mit Arbeiten, bei denen sie sich häufig erheblich strecken oder beugen oder sich gebückt halten müssen,
d) mit der Bedienung von Geräten und Maschinen aller Art mit hoher Fußbeanspruchung, insbesondere von solchen mit Fußantrieb,
e) mit dem Schälen von Holz,
f) mit Arbeiten, bei denen sie der Gefahr einer Berufserkrankung im Sinne der Vorschriften über Ausdehnung der Unfallversicherung auf Berufskrankheiten ausgesetzt sind,
g) nach Ablauf des 3. Monats der Schwangerschaft auf Beförderungsmitteln,
h) im Akkord, mit Prämienarbeit und mit Fließarbeit jeder Art, wenn die durchschnittliche Arbeitsleistung die Kräfte werdender Mütter übersteigt.
Die Feststellung eines Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs. 1 scheitert bereits an dem fehlenden ärztlichen Zeugnis über eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Mutter und Kind bei Fortdauer der Beschäftigung. Vergleichbar mit der im fraglichen Zeitraum maßgebenden Regelung zur Feststellung von Arbeitsunfähigkeit kann der Nachweis durch Aussagen und Auskünfte medizinischer Laien nicht geführt werden; ausgehend von der Beurteilung einer konkreten Gefahr für Mutter und/oder Kind kann die Feststellung, wenn – wie hier – keine während der konkreten Schwangerschaft erhobenen medizinischen Befunde vorliegen, nachträglich nicht mehr getroffen werden.
Der Senat sieht sich aber auch an einer nachträglichen Feststellung eines Beschäftigungsverbotes nach § 4 Mutterschutzgesetz gehindert, auch wenn die tatsächlichen Voraussetzungen nach Abs. 1 und Abs. 2 als gegeben unterstellt werden. Zur Umsetzung und zur Abwendung von Beschäftigungsverboten sah das Mutterschutzgesetz 1952 ein besonderes Verwaltungsverfahren vor. In Einzelfällen konnte das Gewerbeaufsichtsamt bestimmen, ob eine Arbeit unter die Beschäftigungsverbote der Absätze 1 oder 2 oder einer vom Bundesminister für Arbeit gemäß Abs. 3 Buchstabe a oder b erlassenen Verordnung fällt. Es konnte in Einzelfällen sonstige Maßnahmen zum Schutze werdender Mütter anordnen, insbesondere die Beschäftigung mit bestimmten anderen Arbeiten verbieten (§ 4 Abs. 4).
Insbesondere die im § 4 Abs. 4 angesprochenen sonstigen Maßnahmen, die eine Fortsetzung der Beschäftigung bei Verbot bestimmter Arbeitsaufgaben zum Ziel haben, lassen sich außerhalb eines dazu vorgesehenen Verwaltungsverfahrens nicht ausschließen. Die dazu erforderlichen betrieblichen Feststellungen lassen sich nicht sinnvoll abstrakt nach eingetretenem Zeitablauf von fast 50 Jahren in einem Verfahren über die Anrechnung von rentenrechtlich erheblichen Zeiten nachholen. Insoweit war der Klägerin zur Zeit der Schwangerschaft zuzumuten, die Schutzbestimmungen des Mutterschutzgesetzes 1952 in Anspruch zu nehmen und erforderlichenfalls die zur Durchsetzung beauftragten Behörden zur Unterstützung anzurufen.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Annahme eines Überbrückungstatbestandes nicht an das Vorliegen einer rentenrechtlichen Zeit gebunden ist (vgl. BSG a.a.O.) und die Klägerin durch ihre aufgrund eigener Beurteilung getroffenen Entscheidung, die Arbeit zur Vermeidung einer Gesundheitsgefährdung im Juni 1954 einzustellen, unter Umständen die mit dem Mutterschutzgesetz 1952 verfolgten Ziele erst verwirklicht hat. Der Klärung der Frage, ob die Voraussetzungen eines Beschäftigungsverbotes auch nachträglich festgestellt werden und zu einem rentenrechtlichen Überbrückungstatbestand führen können, hat der Senat als grundsätzliche zur Zulassung der Revision führende Frage angesehen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Erstellt am: 14.08.2003
Zuletzt verändert am: 14.08.2003