Die Erinnerung gegen den Beschluss vom 9. Januar 2009 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Streitig sind die in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dem beigeordneten Rechtsanwalt zu erstattenden Gebühren.
Am 21.05.2008 beantragte der Erinnerungsführer (Ef) die Beklagte im Wege der Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu verpflichten, seiner Mandantin Altersrente ohne Fiktivabzug gemäß § 31 Fremdrentengesetz (FRG) zu zahlen. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund wurden über drei Seiten näher begründet. Außerdem legte er im Verlauf des Verfahrens diverse Urteile und Beschlüsse anderer Sozialgerichte in Kopie vor. Auf Anregung des Vorsitzenden der 13. Kammer erklärte sich schließlich die Erinnerungsgegnerin (Eg) bereit, den strittigen Fiktivabzug bis zum rechtrechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens vorläufig auszusetzen. Außerdem übernahm sie dem Grunde nach die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zum einstweiligen Rechtsschutz. Der Ef erklärte daraufhin am 18.08.2008 den Rechtsstreit für erledigt. Aus dem Schriftwechsel der Beteiligten wird ersichtlich, dass die Rechtsanwendung der Eg bei der Mandantin des Ef zur Kürzung der Altersrente (ca. 540 EUR) um rund 70 EUR führte.
Mit Kostennote vom 06.02.2008 (korrigiert mit Schriftsatz vom 29.10.2008) bezifferte der Ef seine Gebühren wie folgt:
Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV RVG 250,00 EUR
Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
19 % Mehrwertsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 51,30 EUR
Gesamtbetrag 321,30 EUR
Die Eg hielt eine Abrechnung auf der Basis einer Verfahrensgebühr in Höhe von 170 EUR für angemessen.
Mit Beschluss vom 09.01.2009 setzte die Kostenbeamtin die zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 142,80 EUR fest. Sie ging dabei von einer Verfahrensgebühr (Nr. 4102 VV RVG) in Höhe von 100 EUR aus. Unter Berücksichtigung des gleichzeitig anhängigen Klageverfahrens sei die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mit unterdurchschnittlich zu werten. Gleiches gelte für den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit.
In seiner hiergegen erhobenen Erinnerung weist der Ef darauf hin, dass nach seiner Überzeugung die Angelegenheit für die Mandantin von überdurchschnittlicher Bedeutung gewesen sei. Objektiv habe es sich außerdem um eine anwaltliche Tätigkeit mit erhöhter Schwierigkeit und erhöhtem Umfang gehandelt. Er hat Kopien von Kostenfestsetzungsbeschlüssen des SG Karlsruhe (11.11.2008), des SG Nürnberg (vom 04.02.2009) sowie eines Aufsatzes des Rechtsanwalts Hinne (Mitteilungen der Bundesrechtsanwaltskammer 1/09) vorgelegt.
II.
Das Gericht ist zur Entscheidung befugt (§ 56 Abs. 1 RVG). Die rechtzeitig eingelegte Erinnerung ist zulässig, aber nicht begründet
Nach § 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Der Umstand, dass der Ef im Wege der Prozesskostenhilfe (PKH) beigeordnet wurde, rechtfertigt nicht aus rein fiskalischen Interessen des Staates heraus eine Reduzierung der Gebühr (BVerfG, Beschluss vom 17.07.2006, 1 BvR 2091/06).
In Anwendung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass die Gebührenbestimmung des Ef in seiner Kostennote vom 06.02.2008 unbillig und damit nicht verbindlich war. Sie war daher neu zu treffen.
Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz enthält – jedenfalls für den Sonderfall der Betragsrahmengebühren – keine gesonderten Gebührentatbestände für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Der Kostenerstattung sind somit die Gebührentatbestände für Hauptsacheverfahren zugrunde zu legen und eventuelle verfahrensrechtliche Besonderheiten bei Anwendung von § 14 RVG im Einzelfall zu würdigen.
Ziel des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes war die zumindest vorläufige Freistellung der Mandantin des Ef von der fiktiven Anrechnung einer rumänischen Rente gemäß § 31 FRG. Es ist der Kostenbeamtin zuzustimmen, dass die Bedeutung der Angelegenheit für die Mandantin des Ef durchschnittlich war. Bei Würdigung dieses Tatbestandsmerkmales von § 14 ("Bedeutung der Angelegenheit") kann entgegen der Vorstellung des Ef – sie wird deutlich, wenn er auf die emotionale Belastung der Mandantin Bezug nimmt – nicht allein auf die rein subjektive Sichtweise des Betroffenen abgestellt werden. Dies würde nämlich dazu führen, bei einem querulatorisch veranlagten Kläger – was die Mandantin des Ef zweifelsfrei nicht ist – sonst stets die Höchstgebühr anzusetzen wäre. Zu prüfen ist also vielmehr auch, ob diese subjektive Sichtweise in den objektiven Umständen Stütze findet. Eine mehr als durchschnittliche Bedeutung kann danach nicht festgestellt werden.
Geltend gemacht wird schließlich auch die objektiv erhöhte Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie die Notwendigkeit, die Rechtsposition der Mandantin umfassend und ausführlich und nach Sichtung neuer Rechtsprechung zu begründen. Dem ist abstrakt und losgelöst von dem hier zu beurteilenden Einzelfall im Kern nicht zu widersprechen. Gegenstand dieses Erinnerungsverfahrens ist jedoch nicht eine abstrakte Rechtsfrage sondern die zutreffende Würdigung von "Bedeutung, Schwierigkeit, Umfang" im Sinne von § 14 RVG bezogen auf den konkreten Einzelfall. Hierzu ist festzustellen, dass Folgendes gerichtsbekannt ist: Die Kanzlei des Ef betreute eine Vielzahl von aus Rumänien zugezogenen und als Vertriebene anerkannte Mandanten, die sich ebenfalls der Anwendung des § 31 FRG durch die deutsche Rentenversicherung gegenübersehen. Die den Anträgen auf einstweiligen Rechtsschutz bzw. Klagen beigefügten Begründungen sind weitestgehend wortidentisch. Sinnvollerweise hat die Kanzlei des Ef mit Blick auf die in einer Vielzahl von Einzelfällen sich wiederholende Rechtsproblematik sich einen Begründungsschriftsatz erarbeitet, der in den jeweiligen Verfahren beigefügt wurde/wird. So war es auch vorliegend. Der Vortrag einer überdurchschnittlich schwierigen und umfangreichen anwaltlichen Tätigkeit entbehrt offensichtlich jeder Grundlage.
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte sowie der Tatsache, dass in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur eine vorläufige Regelung in einem beschleunigten und nicht den strengen Beweisanforderungen unterworfenen Verfahren angestrebt wird – Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund müssen lediglich hinreichend glaubhaft gemacht sein – und außerdem parallel hierzu ein Hauptsacheverfahren anhängig ist, hält es das Gericht für angemessen, die gemäß Nr. 3102 VV RVG entstandene Gebühr mit 100,00 EUR festzusetzen. Es entspricht ständiger kostenrechtlicher Rechtsprechung der bayerischen Sozialgerichte, sich bei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in etwa an der Hälfte der Mittelgebühr zu orientieren. Die vom Ef vorgelegten Unterlagen sind daher einmal generell und im Übrigen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände dieses Einzelfalles für die hier zu treffende Entscheidung ohne Belang
Lediglich bei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ohne parallel dazu laufendes Widerspruchsverfahren/Klageverfahren hat das Bayerische Landessozialgericht im Sinne eines Sonderfalls eine Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr als denkbar angemessen angesehen (Beschluss vom 18.01.2007, L15 B 224/06 AS KO). Diese Fallgestaltung ist vorliegend aber nicht gegeben. Im Übrigen hat das Gericht (a.a.O.) festgestellt, dass die Tätigkeit eines Rechtsanwalts in einem sozialgerichtlichen Eilverfahren regelmäßig dadurch erleichtert wird, wenn er in derselben Sache auch im Hauptsacheverfahren tätig ist. Allein deswegen ist also auch nach obergerichtlicher Rechtsprechung bereits eine Gebührenfestsetzung unterhalb der Mittelgebühr angemessen. Da (siehe "Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit") nicht unberücksichtigt bleiben kann, wenn – wie vorliegend – nicht eine individuelle Antragsbegründung, sondern aufgrund der besonderen Problemlage für eine Vielzahl vergleichbarer bzw. identischer Fallgestaltungen gefertigte Bausteinmodule zur Begründung verwendet werden, war zu entscheiden wie geschehen.
Der Beschluss ergeht kostenfrei. Er ist endgültig (§ 197 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 03.03.2009
Zuletzt verändert am: 03.03.2009