Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine auf Entschädigung gerichtete Klage nach §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Er macht eine unangemessene Dauer des Gerichtsverfahrens S 28 AL 500/06 Sozialgericht (SG) Dortmund, nachgehend L 9 AL 17/12 Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen geltend.
In diesem Verfahren hat der Kläger am 30.11.2006 Klage gegen die Bundesagentur für Arbeit mit dem Begehren erhoben, ihm für die Zeit vom 01.04.2004 bis 30.09.2004 Arbeitslosengeld bzw. hilfsweise Arbeitslosenhilfe zu zahlen. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20.12.2011 abgewiesen. Seine Berufung vom 09.01.2012 hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem 9. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen am 29.08.2013 für erledigt erklärt.
Am 28.02.2014 hat der Kläger auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer gerichtete Klage erhoben und zu deren Durchführung die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.
II.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe, weil der Entschädigungsklage keine Aussicht auf Erfolg zuzumessen ist (§ 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Satz 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO)).
Für ein Klageverfahren wegen einer Entschädigung auf Grund einer unangemessenen Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens sind die Vorschriften des § 198 Abs. 1 GVG sowie die §§ 183, 197a und 202 SGG in der ab 03.12.2011 geltenden Fassung durch das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) vom 24.11.2011 (BGBl. I S. 2302), zuletzt geändert durch das Gesetz über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung und zur Änderung weiterer gerichtsverfassungsrechtlicher Vorschriften sowie des Bundesdisziplinargesetzes vom 06.12.2011 (BGBl. I S. 2554) maßgebend.
Davon ausgehend ergibt sich:
Nach Art. 23 S. 1 ÜGG gilt dieses Gesetz auch für Verfahren, die wie vorliegend bei seinem Inkrafttreten am 03.12.2011 bereits anhängig waren.
Für die Entscheidung über eine Klage i.S.d. §§ 198 ff. GVG ist das LSG Nordrhein-Westfalen zuständig. Nach § 200 S. 1 GVG haftet das Land für Nachteile, die auf Grund von Verzögerungen bei Gerichten des Landes eingetreten sind. Für Klagen auf Entschädigung gegen ein Land ist nach § 201 Abs. 1 S. 1 GVG das Oberlandesgericht (OLG) zuständig, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde. Für sozialgerichtliche Verfahren ergänzt § 202 S. 2 SGG diese Regelung dahin, dass die Vorschriften des 17. Titels des GVG (§§ 198 – 201 GVG) u.a. mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden sind, dass an die Stelle des OLG das LSG und an die Stelle der ZPO das SGG tritt.
Daraus folgt die Zuständigkeit des LSG Nordrhein-Westfalen; das streitgegenständliche Gerichtsverfahren S 28 AL 500/06 SG Dortmund, nachgehend L 9 AL 17/12 LSG Nordrhein-Westfalen, wurde im Bezirk des LSG Nordrhein-Westfalen durchgeführt.
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG statthaft, sie ist aber unbegründet.
Anspruchsgrundlage für einen Entschädigungsanspruch wegen einer unangemessenen Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens ist § 198 Abs. 1 GVG i.V.m. § 202 SGG. Nach § 198 Abs. 1 GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (§ 198 Abs. 1 Satz 2 GVG).
Entschädigung wird für materielle und immaterielle Schäden geleistet. Für immaterielle Schäden erleichtert § 198 Abs. 2 GVG die Geltendmachung. Danach wird ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1.200,00 EUR für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
Entschädigung enthält ein Verfahrensbeteiligter aber nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Andernfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge (§ 198 Abs. 3 GVG).
Nach Art. 23 ÜGG gilt für anhängige Verfahren, die bei Inkrafttreten des ÜGG am 03.12.2011 schon verzögert sind, § 198 Abs. 3 GVG mit der Maßgabe, dass die Verzögerungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten erhoben werden muss. In diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge einen Anspruch nach § 198 GVG auch für den vorausgehenden Zeitraum.
Das gerichtliche Verfahren S 28 AL 500/06 SG Dortmund war am 03.12.2011 noch anhängig und noch nicht abgeschlossen, so dass der Kläger zur Wahrung seiner Rechte aufgrund bereits eingetretener unangemessener Verfahrensdauer unverzüglich nach Inkrafttreten des ÜGG am 03.12.2011 eine Verzögerungsrüge hätte erheben müssen. Daran fehlt es indes, so dass mögliche Entschädigungsansprüche wegen überlanger Verfahrensdauer zumindest bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ÜGG präkludiert sind (Bundesfinanzhof (BFH), Zwischenurteil vom 07.11.2013 – X K 13/12; Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 10.04.2014 – III ZR 335/13 -).
Auf eine positive Kenntnis des Klägers von den Regelungen des ÜGG kommt es schon wegen der Publizitätswirkung formeller Gesetze nicht an. Im Übrigen kann dem Kläger wegen der Fristversäumnis auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 SGG) gewährt werden. Bei der Frist des Art. 23 ÜGG handelt sich um eine materiell-rechtlich wirkende Ausschlussfrist, die unabhängig von der Kenntnis des Anspruchsinhabers beginnt (vgl. zur Frist des Art. 23 letzter Satz ÜGG: Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19.12.2012 – 2 K 22/12 – m.w.N; Senat, Beschluss vom 30.06.2014 – L 11 SF 364/12 VE AS -).
Nach h.M. in der Rechtsprechung und Literatur (BGH, Urteil vom 10.04.2014 a.a.O. m.w.N. "wohl einhelliger Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur"; anders aber wohl BFH, Zwischenurteil vom 07.11.2013 a.a.O.) ist bei nicht unverzüglich erhobener Verzögerungsrüge auch die Zeit ab Inkrafttreten des ÜGG bis zum Zeitpunkt einer nachfolgenden Verzögerungsrüge präkludiert. Ob dieser h.M. zu folgen ist, kann vorliegend dahinstehen. Denn der Kläger hat auch nachfolgend im Rechtsstreit S 28 AL 500/06 SG Dortmund keine Verzögerungsrüge erhoben.
Der Hinweis des Klägers auf seine Ausführungen im Schriftsatz vom 27.01.2012 "erst einmal möchte ich mich für die doch kurze Bearbeitungszeit des SG Dortmund (fünf Jahre) bedanken" führt aus mehreren Gründen nicht weiter.
Würde dievorgenannte Äußerung inhaltlich als Verzögerungsrüge gewertet, wäre sie "unverzüglich i.S.d. Art. 23 ÜGG erhoben. "Unverzüglich" bedeutet nach der im bürgerlichen Recht geltenden Legaldefinition des § 121 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch "ohne schuldhaftes Zögern". Die Gesetzesbegründung zum ÜGG legt es nahe, diese allgemeine Bestimmung auch im vorliegenden Zusammenhang heranzuziehen (vgl. BT-Drucks 17/3802 S 31). Damit gehört zum Begriff der Unverzüglichkeit ein nach den Umständen des Falles beschleunigtes Handeln, das dem Interesse des Empfängers der betreffenden Erklärung an der gebotenen Klarstellung Rechnung trägt. Demnach ist "unverzüglich" nicht gleichbedeutend mit "sofort". Vielmehr ist dem Verfahrensbeteiligten eine angemessene Überlegungsfrist einzuräumen, ob er seine Rechte durch eine Verzögerungsrüge wahren muss (Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 27.06.2013 – B 10 ÜG 9/13 B – m.w.N.). Bei der Bemessung der angemessenen Überlegungsfrist ist vor allem der Zweck des Gesetzes zu beachten, durch die Einräumung eines Entschädigungsanspruchs gegen den Staat bei überlanger Verfahrensdauer eine Rechtsschutzlücke zu schließen und eine Regelung zu schaffen, die sowohl den Anforderungen des Grundgesetzes (Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG) als auch denen der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Art. 6 Abs. 1, Art. 13 EMRK) gerecht wird. Hinzu kommt, dass das Gesetz nur einen Tag vor seinem Inkrafttreten verkündet worden ist (Art. 24 ÜGG). Davon ausgehend ist der Begriff der Unverzüglichkeit in Art. 23 Satz 2 ÜGG weit zu verstehen; eine zu kurze, wirksamen Rechtsschutz in Frage stellende Frist wäre mit den Erfordernissen eines effektiven Menschenrechtsschutzes nur schwer vereinbar. Der Senat hält deshalb in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Zwischenurteil vom 07.11.2013 – X K 13/12-) und des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 10.04.2014 – III ZR 335/13 -) eine Drei-Monats-Frist für erforderlich, um den Anforderungen des Art. 13 EMRK zu entsprechen, aber auch für ausreichend, damit Betroffene in allen Fällen prüfen können, ob eine entschädigungspflichtige Verzögerung bereits eingetreten und eine Rügeerhebung deshalb geboten ist.
Indes vermag der Senat die o.a. Äußerung nicht als Verzögerungsrüge zu werten. Die gesetzlichen Anforderungen an den Inhalt einer Verzögerungsrüge sind in § 198 Abs. 3 Sätze 1 und 3 GVG geregelt. Die Anforderungen sind niedrig gefasst und orientieren sich daran, dass die Rüge keinen eigenständigen Rechtsbehelf, sondern nur eine Obliegenheit als Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch darstellt. So ist auch keine ausdrücklich als "Verzögerungsrüge" bezeichnete Äußerung erforderlich; die Verzögerungsrüge muss aber mit ihrem Inhalt grundsätzlich zum Ausdruck bringen, dass der Betroffene mit der Verfahrensdauer nicht einverstanden ist (Ott in Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 1. Auflage, 2013, § 198 GVG Rdn. 208 f.; BFH, Urteil vom 07.11.2013 – X K 13/12 -). Indes kann nicht jegliche Bezugnahme auf die Verfahrensdauer oder jede Sachstandanfrage als Rüge i.S.d. § 193 Abs. 3 GVG angesehen werden (Ott a.a.O.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28.11.2013 – L 11 SF 25/12 EK U m.w.N.). Der Rüge kommt nämlich eine Warnfunktion zu und sie soll dem Gericht eine Abhilfemöglichkeit eröffnen (Ott a.a.O. Rdn. 189), sie muss damit also zumindest hinreichend erkennen lassen, dass die Verfahrensdauer missbilligt und dass Abhilfe erwartet wird. Diesen Anforderungen genügt die o.a. Äußerung des Klägers nicht; sie mag als ironische Kommentierung der erstinstanzlichen Bearbeitungszeit angesehen werden, für eine verfahrensrechtlich relevante Verzögerungsrüge fehlt es ihr indes an der erforderlichen Ernsthaftigkeit. Diese Beurteilung erfährt selbst unter Einbeziehung früherer, vor Inkrafttreten des ÜGG erfolgter Bekundungen des Klägers, so z.B. im Schriftsatz vom 03.04.2011, keine Änderung. Aus diesen kann nämlich nicht weiter auf den Erklärungsinhalt der späteren Äußerung vom 27.01.2012 geschlossen werden.
Im Übrigen steht der Annahme einer zu beachtenden Verzögerungsrüge vor allen Dingen aber entgegen, dass sie nicht an das mit der Sache befasste, vermeintlich das Verfahren verzögernde Gericht (vgl. § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG), nämlich hier das SG Dortmund, gerichtet ist. Der Schriftsatz vom 27.01.2012 wurde vielmehr erst im Berufungsverfahren an das LSG Nordrhein-Westfalen gerichtet.
Zu alledem kann schließlich nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 21.05.2014 – III ZR 355/13 -) eine ggf. im erstinstanzlichen Verfahren eingetretene Verzögerung mit einer im Berufungsverfahren erhobenen Rüge grundsätzlich nicht mehr wirksam geltend gemacht werden.
Im Berufungsverfahren ist keine i.S.d. §§ 198 ff. GVG entschädigungspflichtige Verzögerung des Rechtsstreits eingetreten, so dass es auf die Frage, ob der Kläger hinreichend eine vermeintliche Verzögerung gerügt hat (s. dazu Schriftsätze vom 04.10.2012 oder 06.0.2013), nicht weiter ankommt.
Es obliegt zunächst dem Prozesskostenhilfe begehrenden Kläger, das Streitverhältnis zumindest so substantiiert darzustellen, dass aus seiner Darstellung erkennbar wird, ob und in welchem Umfang die beabsichtigte Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg haben soll. Der Kläger muss schildern, inwiefern das von dem Entschädigungsanspruch betroffene Verfahren unangemessen verzögert worden ist. Diese Anforderungen gelten im Übrigen regelmäßig selbst für nicht rechtskundig vertretene Kläger. Ein entsprechender Vortrag zu einer vermeintlich unangemessenen Dauer des Berufungsverfahrens ist weder den Ausführungen des Klägers im Verfahren L 9 AL 17/12 noch im vorliegenden Entschädigungsverfahren zu entnehmen; der Kläger verhält sich vielmehr zu einer nach seiner Auffassung unangemessenen Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens.
Aber auch die Prüfung des Senats führt nicht zur Feststellung einer unangemessenen Dauer des Berufungsverfahrens.
Allein aufgrund einer Zeitdauer kann nicht auf eine unangemessene Verfahrensdauer geschlossen werden. Denn § 198 GVG, der wiederum auf den Vorgaben der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts z.B. BVerfG, Beschluss vom 14.12.2010 – 1 BvR 404/10 -) beruht (vgl. dazu OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25.07.2012 – 7 KE 1/11 – m.w.N.), gibt keine gesetzlich definierte Grenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer vor, sondern knüpft im Gegenteil an eine im Einzelfall unangemessene Verfahrenslänge an. Mit § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG hat der Gesetzgeber ausdrücklich von einer "Fristenlösung" abgesehen, weil sie der Vielfältigkeit prozessualer Situationen nicht gerecht würde (u.v.a. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11.07.2013 – 5 C 27/12 -; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25.07.2012 a.a.O.; OLG Köln; Urteil vom 21.03.2013 – 7 SchH 5/12 -; vgl. auch Scholz, Rechtsschutz gegen überlange Verfahrensdauer in SGb 2012, 19, 21 f.). Im Übrigen ist eine generelle Festlegung, wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert, auch nicht möglich, weil die Zügigkeit von Verfahren kein absoluter Wert, sondern stets im Zusammenspiel mit den übrigen Verfahrensgrundsätzen und dem Interesse an einer gründlichen Bearbeitung durch das Gericht zu sehen ist (BT-Drs. 17/3802 S. 18). § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benennt deshalb nur beispielhaft und ohne abschließenden Charakter Umstände, die für die Beurteilung der Angemessenheit besonders bedeutsam sind (BT-Drs. a.a.O.): die Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Zu beachten ist bei der Bewertung eines Zeitraums als unangemessen i.S.d. § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG überdies, dass Zeiten, die u.a. für eine Meinungsbildung des angerufenen Gerichts (BSG, Urteil vom 21.02.2013 – B 10 ÜG 1/12 KL -) erforderlich sind, nicht als Verzögerungszeit zu berücksichtigen sind. Gleichermaßen besteht auch kein Anspruch darauf, dass ein Rechtsstreit, auch wenn er entscheidungsreif ist, sofort bzw. unverzüglich vom Gericht entschieden wird. Der Staat ist nicht verpflichtet, so große Gerichtskapazitäten vorzuhalten, dass jedes anhängige Verfahren sofort und ausschließlich von einem Richter bearbeitet werden kann. Vielmehr muss ein Rechtsuchender damit rechnen, dass der zuständige Richter neben seinem Rechtsbehelf auch noch andere (ältere) Verfahren zu bearbeiten hat. Insofern ist ihm eine gewisse Wartezeit zuzumuten (BSG, Urteil vom 21.02.2013 a.a.O.). Die Verfahrensdauer ist damit als unangemessen anzusehen, wenn eine Abwägung aller Umstände ergibt, dass die aus den §§ 198 ff. GVG folgende Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zu einem Abschluss zu bringen, verletzt ist (OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25.07.2012 a.a.O.).
Eine solche Pflichtverletzung des haftenden Landes NRW liegt nicht vor. Seine Berufung vom 09.01.2012 hat der Kläger im Juli 2012 begründet; eine dazu gestellte Nachfrage des 9. Senats hat der Kläger im September 2012 beantwortet. Unmittelbar darauf hat der 9. Senat den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers abgelehnt (am 01.10.2012 zugestellter Beschluss vom 26.09.2012). Am 23.07.2013 wurde der Rechtsstreit zur mündlichen Verhandlung vom 29.08.2013 geladen.
Im Ergebnis ist also lediglich für die knapp 9 Monate von Oktober 2012 bis Juli 2013 ein rein rechnerischer Stillstand des Verfahrens zu vermerken. Dieser rechtfertigt indes keine Entschädigung i.S.d. § 198 GVG; denn dadurch ist keine unangemessene Dauer des Verfahrens eingetreten. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass jeder Rechtssuchende eine gewisse, keineswegs unbeträchtliche Wartezeit (s.o.) hinzunehmen hat, die je nach Lage des Falles durchaus auch mehr als neun Monate betragen kann. Eine genaue Festlegung der hinzunehmenden Wartezeit ist vorliegend nicht erforderlich; denn ob eine mündliche Verhandlung ggf. um ein oder zwei Monate hätte früherer stattfinden können bzw. ggf. hätte müssen, letztlich also eine Verzögerung von ca. 1 oder 2 Monaten eingetreten ist, ist schon wegen ihrer Geringfügigkeit unerheblich.
III.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 10.09.2014
Zuletzt verändert am: 10.09.2014