Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 02.12.2014 werden zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Streitig ist zwischen den Beteiligten seit dem 19.03.2015 lediglich noch die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 05.11.2014 (Tag des Eingangs des Eilantrags beim Sozialgericht Detmold) bis zum 31.01.2015. Denn mit Schriftsatz vom 16.03.2015 hat der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren mitgeteilt, dass er dem Antragsteller wegen der "nachgewiesenen Arbeitsaufnahme" ab dem 01.02.2015 Leistungen nach dem SGB II in Gestalt von Arbeitslosengeld II im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II gewähre. Mit Schriftsatz vom 19.03.2015 hat der Antragsteller dem Senat gegenüber mitgeteilt, dass er den Antrag nicht für erledigt erkläre, da er weiterhin noch Arbeitslosengeld II im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II für die Zeit vom 05.11.2014 bis zum 31.01.2015 begehre.
Das Sozialgericht hat jedoch – zumindest für die Zeit vom 05.11.2014 bis zum 31.01.2015 – zu Recht mit dem angefochtenen Beschluss die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II abgelehnt.
Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes setzt mithin neben einem Anordnungsanspruch – im Sinne eines materiellrechtlichen Anspruches auf die beantragte Leistung – einen Anordnungsgrund – im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit der vom Gericht zu treffenden Regelung – voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Diese Voraussetzungen sind hier für die Zeit vom 05.11.2014 bis zum 31.01.2015 nicht gegeben. Bereits das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs im o.g. Sinne im Hinblick auf § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II hat der Antragsteller für diesen Zeitraum nicht glaubhaft gemacht. Dabei kann dahin stehen, ob er hilfebedürftig gemäß § 9 Abs. 1 SGB II war, weil ein möglicher Anspruch auf Arbeitslosengeld II nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II auch bei bestehender Hilfebedürftigkeit gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen war. Ausgenommen von Leistungen nach dem SGB II sind nach dieser Vorschrift Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Diese Regelung findet auf den Antragsteller Anwendung. Denn ein anderes Aufenthaltsrecht als das zum Zweck der Arbeitsuche ist weder ersichtlich noch von diesem vorgetragen.
Der am 00.00.1970 geborene Antragsteller ist griechischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben (erstmalig) im August 2014 in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) ein und ist seit dem 08.08.2014 in Bielefeld gemeldet. Zwischen dem 08.08.2014 und dem 31.01.2015 hat er keine Erwerbstätigkeit in der BRD ausgeübt.
Der Antragsteller ist damit in der Zeit vom 05.11.2014 bis zum 31.01.2015 weder als Arbeitnehmer nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Var. 1 Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU – FreizügG/EU) in der bis zum 08.12.2014 geltenden Fassung bzw. nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 FreizügG/EU in der ab dem 09.12.2014 geltenden Fassung noch als Selbständiger nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt gewesen. Er ist in diesem Zeitraum auch nicht als Nicht-Erwerbstätiger nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 FreizügG/EU in Verbindung mit § 4 Satz 1 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt gewesen, weil es ihm – unabhängig vom Vorliegen eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes – bereits an ausreichenden Existenzmitteln im Sinne der Norm fehlte.
Sein Aufenthaltsrecht konnte sich daher allenfalls aus einer Arbeitsuche im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 FreizügG/EU in der bis zum 08.12.2014 geltenden Fassung bzw. nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 a) FreizügG/EU in der ab dem 09.12.2014 geltenden Fassung ergeben. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 FreizügG/EU in der bis zum 08.12.2014 geltenden Fassung waren Unionsbürger unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt, die sich zur Arbeitsuche aufhalten wollen. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 a) FreizügG/EU in der ab dem 09.12.2014 geltenden Fassung sind unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden.
Eine aktive Arbeitssuche im Sinne der o.g. Vorschriften in der Zeit ab August 2014 bis Februar 2015 hat der Antragsteller jedoch nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere fehlt es an konkreten Bewerbungsbemühungen für den genannten Zeitraum. Die mit Schriftsatz vom 19.01.2015 vorgelegte Liste mit den "Arbeitsplatz-Bemühungen" des Antragstellers kann eine aktive Beschäftigungssuche nicht belegen. Es handelt sich dabei lediglich um eine Aufstellung von Adressen und Telefonnummern griechischer Gaststätten in Bielefeld. Weitere Informationen (Arbeitsplatzbeschreibung, Art der Tätigkeit, Form der Bewerbung, Gründe der Nichteinstellung etc.) gehen daraus nicht hervor. Der Senat sieht es daher als nicht glaubhaft an, dass der Antragsteller eine ernsthafte und aktive Arbeitsuche seit seiner Einreise ins Bundesgebiet betrieben hat. Eine solche begann Anfang Februar 2015 bzw. – frühestens – Ende Januar 2015. Aus diesem Grund hat der Antragsgegner auch Leistungen nach dem SGB II erst für die Zeit ab Anfang Februar 2015 gewährt.
Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist auch auf EU-Bürger anwendbar, die sich ohne materielles Aufenthaltsrecht in Deutschland aufhalten. Der Senat verbleibt insoweit bei seiner Auffassung, die er in den Beschlüssen vom 03.12.2014 zum Az. L 2 AS 1623/14 B ER (bei juris Rn. 5 ff.), vom 04.02.2015 zum Az. L 2 AS 2224/14 B ER (bei juris Rn. 13), vom 25.02.2015 zum Az. L 2 AS 113/15 B ER (bei juris Rn. 5 ff.) sowie vom 09.04.2015 zum Az. L 2 AS 2247/14 B ER (bisher unveröffentlicht) dargelegt hat. Mithin ist der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf den Antragsteller anzuwenden, weil er auch Ausländer bzw. EU-Bürger erfasst, die – wie der Antragsteller – wirtschaftlich inaktiv sind, ohne über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel (im Sinne des § 4 Satz 1 FreizügG/EU) zu verfügen.
Des Weiteren ist nach der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) in Sachen Dano (Urteil vom 11.11.2014 – Az.: C-333/13, zitiert nach curia.europa.eu) der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II jedenfalls in Bezug auf Ausländer, bei denen – wie bei dem Antragsteller in der Zeit vom 05.11.14 bis zum 31.01.2015 – eine Arbeitsuche nicht festgestellt werden kann, nicht europarechtswidrig. Auch insoweit verbleibt der Senat bei seiner Auffassung, die er in den Beschlüssen vom 03.12.2014 zum Az. L 2 AS 1623/14 B ER (bei juris Rn. 9 ff.), vom 04.02.2015 zum Az. L 2 AS 2224/14 B ER (bei juris Rn. 14), vom 25.02.2015 zum Az. L 2 AS 113/15 B ER (bei juris Rn. 9 ff.) sowie vom 09.04.2015 zum Az. L 2 AS 2247/14 B ER (bisher unveröffentlicht) dargelegt hat.
Da der Antragsteller ferner in der Zeit vom 05.11.14 bis zum 31.01.2015 eine Beschäftigungssuche mit dadurch begründeter Verbindung zum Arbeitsmarkt nicht glaubhaft gemacht hat, kommt es auf die vom Bundessozialgericht (BSG) im Vorlagebeschluss vom 12.12.2013 in der Fassung des Beschlusses vom 11.02.2015 (Az.: B 4 AS 9/13 R) aufgeworfene Frage, ob der Leistungsausschluss auch für solche Arbeitsuchende europarechtskonform ist, die eine Verbindung zum Arbeitsmarkt des Aufnahmestaates haben, weil sie – wie im Fall der den Vorlageschluss betreffenden Klägerinnen – bereits kurzfristige Beschäftigungen in Deutschland ausgeübt haben, im vorliegenden Rechtsstreit nicht an. Aus diesem Grund besteht auch kein Anspruch auf eine vorläufige Gewährung von Leistungen nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III). Ein den hier vorliegenden Sachverhalt betreffendes Verfahren ist beim EuGH (derzeit) nicht anhängig.
Auch das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) steht der Geltung des Leistungsausschlusses in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht entgegen. Die Bundesregierung hat am 19.12.2011 (in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.1.2012 in BGBl. II 144, berichtigt durch Bekanntmachung zum Europäischen Fürsorgeabkommen vom 03.4.2012 in BGBl. II 470) gegen die Anwendung des SGB II im Rahmen des EFA einen Vorbehalt nach Art. 16 Abs. b EFA angebracht. Dieser ist auch wirksam. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsauffassung des BSG (Vorlagebeschluss vom 12.12.2013 in der Fassung des Beschlusses vom 11.02.2015, Az.: B 4 AS 9/13 R, bei juris Rn. 23; siehe zum Meinungsstand umfassend Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen [NRW], Beschluss vom 14.01.2015, Az.: L 19 AS 2186/14 B ER, bei juris Rn. 18) an.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §§ 183, 193 SGG. Dem Antragsgegner waren auch im Hinblick auf den Zeitraum ab Februar 2015 keine Kosten aufzuerlegen. Tritt – wie vorliegend – eine Änderung der Sach- oder Rechtslage zugunsten eines Antragstellers ein, ist im Rahmen des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG das Veranlassungsprinzip heranzuziehen. Wenn ein Verwaltungsträger der Veränderung unverzüglich Rechnung trägt, z.B. anerkennt, ist eine Kostenerstattung in der Regel unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 93 ZPO nicht angezeigt (Beschluss des erkennenden Senates vom 09.04.2015, Az.: L 2 AS 2247/14 B ER [bisher unveröffentlicht]; siehe auch Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage 2014, § 193, Rn. 12 c). Vorliegend hat der Antragsgegner unverzüglich nach Bekanntwerden der Arbeitsaufnahme des Antragstellers die (vorläufige) Gewährung von Leistungen nach dem SGB II in Gestalt von Arbeitslosengeld II im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II ausgesprochen und damit der Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung getragen. Nur ergänzend sei erwähnt, dass der Antragsteller erst mit Schriftsatz vom 17.02.2015 mitgeteilt hat, dass er seit dem 01.02.2015 (Sonntag) eine (geringfügige) Beschäftigung ausübt.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe konnte keinen Erfolg haben, weil es, wie vorstehend ausgeführt, an hinreichenden Erfolgsaussichten des einstweiligen Rechtsschutzgesuchs fehlt (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 ZPO). Die Kosten des diesbezüglichen Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO).
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 ff. ZPO) für das Beschwerdeverfahren konnte im Hinblick auf den Zeitraum vom 05.11.2014 bis zum 31.12.2015 wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussichten der Beschwerde nicht erfolgen. Aber auch für die Zeit ab Februar 2015 kommt eine solche nicht in Betracht. Ab der Arbeitsaufnahme des Antragstellers am 01.02.2014 bedurfte es nicht mehr eines sozialgerichtlichen Einschreitens im Wege einer einstweiligen Anordnung im Sinne des § 86 b Abs. 2 SGG. Die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II in Gestalt von Arbeitslosengeld II im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II hätte auf einfacherem Wege, nämlich durch schlichte Anzeige der Arbeitsaufnahme beim Antragsgegner erzielt werden können. Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung fehlte insoweit das Rechtsschutzbedürfnis.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 22.04.2015
Zuletzt verändert am: 22.04.2015