Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im übrigen wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 29.04.1997 abgeändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 01.07.1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.10.1994 verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die weitergehende Anschlußberufung des Klägers wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger über die von der Beklagten bewilligte Wohnungshilfe hinaus einen weiteren Betrag beanspruchen kann.
Der im Jahre 1968 geborene, seinerzeit als Elektrotechniker beschäftigt gewesene Kläger wurde am 09.07.1991 auf dem Weg von seiner Arbeitsstätte (K … B … S …) nach Hause mit seinem Motorrad in einen Verkehrsunfall verwickelt, bei dem er sich u.a. einen instabilen Bruch des 1. Lendenwirbelkörpers sowie Frakturen des 11. und 12. Brustwirbelkörpers mit nachfolgen der unvollständiger Lähmung der Beine unterhalb von L1 und vollständiger Lähmung unterhalb von L3 mit Blasen- und Mastdarmlähmung zuzog. Wegen dieser Unfallfolgen ist er auf die Benutzung eines Rollstuhles angewiesen.
Der Kläger bewohnte seinerzeit in B … S …-H … zusammen mit seiner Ehefrau und seiner im Kleinstkindalter befindlichen Tochter eine ca. 98 Quadratmeter (qm) große Mietwohnung im Obergeschoß eines Einfamilienhauses. Diese Wohnung wurde auf Kosten der Beklagten – nach damaliger Einschätzung – behindertengerecht angepaßt (Bescheid über die Bewilligung von Wohnungshilfe vom 25.09.1991). Hauptmaßnahme war der Einbau eines Treppenfahrstuhles. Daneben wurden Änderungen im Bad und im Flur sowie der Bau einer Zufahrtsrampe am Hauseingang vorgenommen.
Im Februar 1993 erklärte der Kläger im Rahmen eines Gesprächs mit dem Berufshelfer der Beklagten, er beabsichtige den Bau eines rollstuhlgerechten Eigenheims und bat um Auskunft, ob ein weiteres Mal Wohnungshilfe gewährt werden könne. Bei einem weiteren Gespräch im März 1993 beschrieb er seine Vorstellungen dahingehend, daß er an eine Übernahme der Kosten des rollstuhlbedingten Mehraufwandes (umbauter Raum), an einen Schachtaufzug vom Keller bis zum ersten Stock, an ein behinderungsgerechtes Bad sowie eine rollstuhlgerechte Küche und an ein elektrisches Garagentor denke.
Der Kläger erwarb anschließend ein Baugrundstück in B … S …- L … und reichte im März 1994 seine Bauunterlagen bei der Beklagten ein, die diese durch ihren beratenden Architekten auswerten ließ. Dipl.-Ing. G …, H …, kam in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 06.05.1994 zu dem Ergebnis, in den Planungsvorlagen seien die Bestimmungen der DIN 18025 Teil 1 nicht hinreichend beachtet worden. In einer weiteren Stellungnahme vom selben Tage schätzte er – unter Berücksichtigung der noch vorzunehmenden Planungsänderungen und -ergänzungen – die Kosten für die behinderungsbedingten Mehraufwendungen einschließlich eines anteiligen Architekten-Honorars und inklusive 15 % Mehrwertsteuer auf 111.485,60 DM ein und empfahl, das Bauvorhaben mit diesem Betrag zu bezuschussen. Ergänzend wies Dipl.-Ing. G … unter dem 07.05.1994 darauf hin, daß nach Abschnitt 6.3 der DIN 18025 Teil 1 für Rollstuhlbenutzer bei Bedarf eine zusätzliche Wohnfläche vorzusehen sei, wodurch sich die angemessene Wohnungsgröße im Regelfall um 15 qm erhöhe. Bei der Berechnung der zusätzlichen Wohnfläche legte er einen qm-Preis von 3.285,37 DM zugrunde.
Mit Bescheid vom 01.07.1994 erklärte sich die Beklagte grundsätzlich bereit, erneut Leistungen der Wohnungshilfe für den geplanten Neubau eines Einfamilienhauses zu erbringen. Voraussetzung hierfür sei, daß die baulichen Gegebenheiten den Bestimmungen der DIN 18025 Teil 1 – barrierefreie Wohnungen, Wohnungen für Rollstuhlbenutzer, Planungsgrundlagen, Ausgabe Dezember 1992 – entsprächen. Unter Berücksichtigung der bereits gewährten Wohnungshilfe für die bisherige Wohnung würden bei Erfüllung vorgenannter Voraussetzung im Rahmen erneuter Wohnungshilfe folgende Leistungen bewilligt:
Kosten des Aufzuges für Erdgeschoß und Obergeschoß; Herstellung eines befahrbaren Duschplatzes im Sanitärraum des Dachgeschosses mit entsprechender Ausstattung, rutschhemmenden Bodenfliesen und mechanischer Lüftung bei einer Betragsobergrenze von 6.800,– DM; Mehraufwand für Bodenbeläge im Erdgeschoß sowie im Schlafzimmer und Flur des Dachgeschosses; Mehrkosten der verbreiterten Garage inklusive Elektroantrieb für das Garagentor; Anteil des Architektenhonorars. Weitere Leistungen im Rahmen der Wohnungshilfe würden nicht gewährt. Zur Begründung führte die Beklagte u.a. aus, abweichend von dem Grundsatz der nur einmaligen Gewährung von Wohnungshilfe habe sie in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu prüfen, ob besondere Gründe für eine nochmalige Leistung von Wohnungshilfe vorlägen und in welchem genauen Umfang geleistet werden dürfe. Berücksichtige man, daß grundsätzlich die bisherige Wohnsituation zwar vom vorhandenen Raumangebot her angemessen sei, jedoch die Problematik des Sanitärbereichs und die Unterstellmöglichkeit des Rollstuhls im Außenbereich nicht lösbar sei, lasse sich die Gewährung erneuter Wohnungshilfe begründen. Diese sei jedoch kritisch hinsichtlich des Leistungsumfanges zu prüfen. Die gewählte Lösung müsse möglichst kostengünstig und einfach gehalten sein. Es könne nicht zum Umfang der Wohnungshilfe gehören, jede gewünschte Form eines Neubaus zu unterstützen. Die Bestimmungen der DIN 18025 Teil 1 enthielten nicht obligatorisch eine Berechnung der zusätzlichen Kosten eines behinderungsbedingten Mehraufwandes des umbauten Raumes. Im Abschnitt 6.3 der DIN 18025 Teil 1 sei bei Bedarf eine zusätzliche Wohnfläche für den Rollstuhlbenutzer vorzusehen, wobei die angemessene Wohnungsgröße sich hierdurch im Regelfall um 15 qm erhöhe. Der Raumbedarf der vom Kläger bisher bewohnten Wohnung habe sich als ausreichend erwiesen. Aus diesem Grunde sei es nicht statthaft, bei dem geplanten Neubauvorhaben zusätzlich einen behinderungsbedingten Mehraufwand des umbauten Raumes kostenmäßig zu tragen. Es werde allerdings auch davon abgesehen, die bisher erbrachten Leistungen der Wohnungshilfe für die Mietwohnung auf die neu zu bewilligenden Leistungen der Wohnungshilfe anzurechnen.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 25.07.1994 Widerspruch ein und beanspruchte die Übernahme der Kosten des Aufzuges auch für die Anbindung zwischen Erdgeschoß und Kellerbereich, in dem sich auch der Therapie-Raum befinde, der andernfalls für ihn völlig nutzlos wäre. Ferner begehrte der Kläger die Übernahme der Kosten für einen nach DIN 18025 Teil 1 gegebenen Bedarf einer zusätzlichen Wohnfläche von nicht unter 50 qm bei dem geplanten Neubau.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.1994 gab die Beklagte dem Widerspruch insoweit statt, als die Kosten des Aufzuges für drei Etagen übernommen wurden. Im übrigen wies sie jedoch den Widerspruch als unbegründet zurück. Dazu führte sie im wesentlichen aus, es sei zwar richtig, daß gemäß der DIN 18025 Teil 1 Punkt 6.2 für Rollstuhlfahrer bei Bedarf eine zusätzliche Wohnfläche vorzusehen sei. Die angemessene Wohnungsgröße erhöhe sich nach dieser Empfehlung im Regelfall um 15 qm. Ein Mehrbedarf umbauter Wohnfläche sei nicht zwingend obligatorisch, sondern im Einzelfall an der Ausgestaltung des Gesamtobjektes zu prüfen. Nach den vorgelegten Unterlagen sei die Bewilligung des Mehrbedarfes nicht erkennbar, wobei insbesondere auch die starke Abweichung von der vorgegebenen Richtgröße von 15 auf die beantragten 50 qm nicht zu begründen sei. Ein Mehrbedarf könne sich theoretisch vom Begriff her immer dann ergeben, wenn die konzipierte Wohnlösung wenig großzügig sei und hier der Rollstuhlbenutzung gesondert Rechnung getragen werden müsse. Bei dem hier in Rede stehenden Bauvorhaben sei dies nicht der Fall.
Dagegen hat der Kläger am 28.10.1994 Klage beim Sozialgericht (SG) Detmold erhoben, mit der er sein Begehren auf Übernahme der Kosten für eine zusätzliche Wohnfläche von mindestens 50 qm – im wesentlichen unter Wiederholung seines Vorbringens im Widerspruchsverfahren sowie unter Vorlage entsprechender Pläne und Berechnungen – weiterverfolgt hat. Er hat nochmals betont, daß er in jedem Fall einen besonderen Therapie-Raum benötige.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01.07.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.1994 zu verurteilen, ihm aufgrund eines behinderungsbedingten Raummehrbedarfs einen weiteren Betrag von 60.000,– DM im Rahmen der Wohnungshilfe zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich im wesentlichen auf die Gründe des angefochtenen Widerspruchsbescheides gestützt und nach wie vor keinen Raum dafür gesehen, über die bereits gewährten Leistungen hinaus weitere Kosten im Rahmen der Wohnungshilfe zu übernehmen. Ergänzend hat sie vorgebracht, es müsse insbesondere beachtet werden, daß sie – die Beklagte – aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles ihr Ermessen nur dahingehend habe ausüben können, die Mehrkosten der behinderungsbedingten Ausgestaltung des Hauses zu übernehmen, darüber hinausgehende Leistungen aber habe ablehnen müssen, da eine erneute Wohnungshilfegewährung insbesondere weitere, nicht obligatorische Leistungen verbiete. Zur Notwendigkeit eines Therapieraumes hat sie vorgetragen, sie erstatte dem Kläger regelmäßig die Kosten für umfangreiche sportliche Aktivitäten. Die darüber hinaus eventuell aus medizinischer Sicht erforderlichen Übungen ließen sich problemlos auch ohne einen gesondert dafür geschaffenen Raum durchführen. Sie sei zwar bereit, die Kosten für die aus medizinischer Sicht erforderlichen und zweckmäßigen Sport- bzw. Therapiegeräte zu übernehmen. Dieses Angebot sei jedoch grundsätzlich nicht im Rahmen von Wohnungshilfe zu sehen. Vielmehr handele es sich um Leistungen, die erbracht würden, um das Ziel der medizinischen und beruflichen Rehabilitation zu sichern und zu erreichen. Da das freistehende Einfamilienhaus des Klägers eine Vielzahl von zusätzlichen räumlichen und bislang ungenutzten Möglichkeiten biete, könnten die Geräte in diesen Räumen untergebracht werden. Im übrigen sei sie gehalten, bei der Verwaltung der ihr zur Verfügung gestellten Mittel die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu berücksichtigen.
Das SG hat von dem den Kläger behandelnden Arzt Dr. D …, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie und Leitender Arzt an den K … A. B … – K … F … – des Klinikums für Rehabilitation B … S …, eine Auskunft vom 03.03.1997 eingeholt, auf deren Inhalt verwiesen wird.
Mit Urteil vom 29.04.1997 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01.07.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.1994 verurteilt, dem Kläger aufgrund eines behinderungsbedingten Raummehrbedarfs einen weiteren Betrag von 44.250,– DM zu zahlen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Es hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, daß der Kläger aufgrund der Auskunft von Dr. D … einen zusätzlichen Therapieraum (Raumbedarf 15 qm) benötige. Da die Beklagte die erneute Gewährung von Wohnungshilfe dem Grunde nach positiv entschieden habe, könne sie ihr Ermessen nur noch in einem bestimmten Sinne ausüben, so daß jede andere Entscheidung fehlerhaft wäre (sog. Ermessensreduzierung auf Null). Hinsichtlich des in den "Gemeinsamen Richtlinien" geregelten "Wie" der Leistungsgewährung bestehe nämlich eine Selbstbindung für die einzelne Verwaltung. Da nach den Richtlinien i.V.m. der DIN 18025 die Berücksichtigung einer zusätzlichen Wohnfläche bei entsprechendem Bedarf zwingend vorgeschrieben sei, habe der Kläger einen unmittelbaren Anspruch auf Leistungsgewährung in Höhe von 44.250,– DM unter Zugrundelegung einer zusätzlichen Wohnfläche von 15 qm und eines qm-Preises von 2.950,– DM. Dagegen könne ein weitergehender Raummehrbedarf nicht anerkannt werden.
Gegen das den Beteiligten jeweils am 03.06.1997 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.06.1997 und der Kläger am 30.06.1997 Berufung eingelegt.
Die Beklagte wendet sich gegen ihre Verurteilung zur Leistungsgewährung und dagegen, daß das SG im Rahmen der hier vorzunehmenden Überprüfung einer Ermessensentscheidung seine Rechtsfolgenbestimmung an die Stelle der Verwaltungsentscheidung gesetzt habe. Die Gerichtsbarkeit habe sich insoweit auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit des exekutiven Handelns zu beschränken. Eine Verurteilung zu einer bestimmten Leistung sei ausgeschlossen, eine Leistungsklage letztlich gar nicht zulässig. Bei der Entscheidung über Ermessensleistungen habe die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Der Kläger habe einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens, nicht jedoch einen Rechtsanspruch auf Gewährung einer bestimmten Leistung in bestimmter Höhe. Ein solcher stünde ihm nur dann zu, wenn sich der der Beklagten eingeräumte Ermessensspielraum so stark eingeengt hätte, daß nur noch eine einzige richtige Entscheidung, nämlich die vom Kläger verlangte, möglich wäre. Anhaltspunkte für eine solche Situation lägen hier jedoch nicht vor. Die vom SG vertretene Ansicht, durch die "Gemeinsamen Richtlinien der Unfall versicherungsträger über die Gewährung von Wohnungshilfe zur Eingliederung Behinderter" sei eine Selbstbindung entstanden, die das Ermessen auf Null reduziere, sei unzutreffend. Zwar bedeuteten die "Richtlinien" eine gewisse Einengung des Ermessensspielraums der einzelnen Verwaltung, eine Ermessensreduzierung auf Null sei damit aber keineswegs verbunden, wie zahlreiche Formulierungen der Richtlinien selbst deutlich machten. Den "ermessenslenkenden" Richtlinien könne also kein absoluter Charakter zuerkannt werden; sie führten keineswegs zu "gebundenen Entscheidungen". Es müsse Raum für die Ausübung von Ermessen im Einzelfall bleiben. Schon aus diesen Gründen könne das Urteil des SG keinen Bestand haben. Darüber hinaus sei die Klage aber auch insgesamt abzuweisen, da die Beklagte ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 29.04.1997 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, über den geltend gemachten Anspruch auf Wohnungshilfe einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.
Er macht über die ihm vom SG zugesprochene Leistung hinaus weiterhin höhere Kosten für einen behinderungsbedingten Raummehrbedarf geltend und wiederholt diesbezüglich im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Im übrigen hält er – soweit er erstinstanzlich obsiegt hat – das angefochtene Urteil für zutreffend und tritt der Auffassung der Beklagten, eine Ermessensreduzierung auf Null sei vorliegend nicht gegeben, so daß eine Verurteilung zur Leistung nicht habe erfolgen dürfen, entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur zum Teil begründet, die zulässige, auf die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung höherer Leistungen im Rahmen der Wohnungshilfe gerichtete (Anschluß-)Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das angefochtene Urteil des SG war abzuändern, soweit die Beklagte zur Gewährung eines weiteren Betrages in bestimmter Höhe im Rahmen der Wohnungshilfe verurteilt worden ist. Sie war insoweit lediglich zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Da es sich bei der Bewilligung von Wohnungshilfe – wie zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist – grundsätzlich um eine Ermessensentscheidung handelt, beurteilt sich die Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vom 01.07.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.1994 – soweit (weitergehende) Leistungen abgelehnt worden sind – nach der Vorschrift des § 54 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Danach ist, soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
Bei Ermessensentscheidungen besteht für den Antragsteller nach § 39 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch (SGB) I grundsätzlich (nur) ein Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (s.a. Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, 6. Aufl. 1998, Rdn. 28 a zu § 54; Peters-Sautter-Wolff [PSW], Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl., § 54 SGG, S. 185/4; Hennig/Danckwerts/König, Kommentar zum SGG, Anm. 5.1.1 zu § 54; Bundessozialgericht [BSG] in SozR 3-4100 § 55 a AFG Nr. 5) bzw. auf fehlerfreien Ermessensgebrauch (vgl. Schmidt, "Die prozessuale Behandlung von Ermessensentscheidungen", in SGb 1984, S. 550 ff., 556). Daraus folgt, daß eine mit der Anfechtungsklage verbundene Leistungsklage, wie sie hier vom Kläger erhoben worden ist, bei Ermessensentscheidungen – anders als bei Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht (vgl. § 54 Abs. 4 SGG) – in der Regel unzulässig ist (vgl. Schmidt a.a.O., S. 556; Meyer-Ladewig a.a.O., Rdn. 39 zu § 54; Zeihe, Kommentar zum SGG, Stand: 11/94, Anm. 2 A X 1 f) aa) vor § 54; BSG SozR 2200 § 1242 RVO Nr. 3; SozR 2200 § 1236 RVO Nr. 50; s.a. BSG SozR 1200 § 48 SGB I Nr. 12; BSGE 2, 142, 143; 9, 232, 239). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn sich der der Beklagten eingeräumte Ermessensspielraum so stark eingeengt hätte, daß nur noch eine einzige richtige Entscheidung, nämlich die vom Kläger mit der Klage begehrte Gewährung einer bestimmten Leistung, möglich wäre, also ein Fall der sog. "Ermessensschrumpfung" bzw. der "Ermessensreduzierung auf Null" vorläge (vgl. dazu z.B. BSG SozR 3-4100 § 55 a AFG Nr. 5; BSG SozR 1200 § 48 SGB I Nr. 12; BSG SozR 1300 § 35 SGB X Nr. 4; Schmidt a.a.O., S. 556; Meyer-Ladewig a.a.O., Rdn. 31 zu § 54).
Ein solcher Fall der Ermessensreduzierung ist vorliegend – entgegen der Ansicht des SG – nach Auffassung des erkennenden Senats nicht gegeben, wie unten noch näher darzulegen sein wird.
Hiernach ist zwar die vom Kläger erhobene Leistungsklage unzulässig. Der Senat hat sich aber im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG, wonach in ähnlich gelagerten Fällen Klägervorbringen und Prozeßantrag (auch) als Begehren auf Verpflichtung der Beklagten zur erneuten – fehlerfreien – Ermessensentscheidung ausgedeutet worden ist (vgl. z.B. BSGE 2, 142, 148; BSG SozR 1200 § 48 SGB I Nr. 12; vgl. auch Schmidt a.a.O., S. 556), nicht gehindert gesehen, vorliegend das Klagevorbringen und den Klageantrag des Klägers dahingehend auszulegen, daß er jedenfalls auch eine – neue – Ermessensentscheidung der Beklagten über den geltend gemachten Anspruch – soweit er abgelehnt worden ist – begehrt, wie dies nunmehr auch in seinem vor dem Senat gestellten Hilfsantrag zum Ausdruck kommt.
Es ist mithin davon auszugehen, daß der Kläger prozessual zulässig eine verbundene Anfechtungs-(Aufhebungs-) und Verpflichtungsklage (Vornahmeklage), letztere gerichtet auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Beklagten, erhoben hat.
Nach allgemeiner Meinung ist bei der Leistungsklage und bei der Verpflichtungsklage als einer Sonderform der Leistungsklage, einerlei, ob sie allein oder i.V.m. einer Anfechtungsklage erhoben ist, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung als maßgeblichen Zeitpunkt abzustellen. Das bedeutet, daß grundsätzlich die Sach- und Rechtslage maßgebend ist, die sich dem Gericht im Zeitpunkt seiner Entscheidung darbietet, mithin auch während des Prozesses eingetretene Änderungen der Sach- und/oder der Rechtslage zu beachten sind (vgl. zu allem z.B. BSG SozR 3100 § 89 BVG Nr. 1; BSG SozR 2200 § 182 c RVO Nr. 4 S. 10; BSG SozR 3-4100 § 55 a AFG Nr. 5; Meyer-Ladewig a.a.O., Rdn. 34 zu § 54; kritisch Hasenpusch, "Der für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgebliche Zeitpunkt bei kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen", in SGb 1994, S. 319 ff.). Diese Auffassung beruht u.a. auf dem Gedanken der Prozeßökonomie. So soll z.B. auch bei einem Verwaltungsakt (VA) ohne Dauerwirkung, mit dem etwa ein Rentenanspruch abgelehnt worden ist und der sich im Zeitpunkt seines Erlasses als rechtmäßig erweist, während des Gerichtsverfahrens eintretenden Veränderungen der Sach- und Rechtslage, die zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen von einem späteren Zeitpunkt an – ex nunc – führen, bei der gerichtlichen Entscheidung Rechnung getragen werden können.
Soweit allerdings auch bei Ermessensakten die zur Zeit der gerichtlichen Entscheidung gegebene Sach- und Rechtslage maßgebend sein soll (vgl. dazu z.B. Hennig/Danckwerts/König a.a.O., Anm. 6.2.2 zu § 54; s.a. BSG SozR 3100 § 89 BVG Nr. 1; BSG SozR 3-4100 § 55 a AFG Nr. 5), vermag sich der Senat dieser Auffassung jedenfalls für Fälle der vorliegenden Art nicht anzuschließen (vgl. a. Meyer-Ladewig a.a.O., Rdn. 33 a und 34 zu § 54; einschränkend für die Ermessensakte auch BVerwG, NJW 1982, 1413 mit Besprechung von Müller, NJW 1982, 1370). Zum einen treffen die Erwägungen, die das BSG z.B. in seinem Urteil vom 28.04.1960 – 8 RV 1341/58 – (= SozR Nr. 72 zu § 54 SGG) zur Begründung seiner Ansicht angeführt hat, bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen sei auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der (tatrichterlichen) Entscheidung abzustellen, bei Ermessensleistungen – anders als bei Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht – gerade nicht zu. Zum anderen betrifft das als Beleg für die zu Ermessensakten vertretene, vorstehend beschriebene Auffassung wohl am häufigsten zitierte Urteil des BSG vom 17.10.1974 – 9 RV 64/74 – (SozR 3100 § 89 BVG Nr. 1 = BSGE 38, 168 ff.) einen Ausnahmefall. Das BSG hat es in dieser Entscheidung dahingestellt sein lassen, ob die Gerichte veränderte Sachlagen in der Zeit nach Erlaß der letzten Verwaltungsentscheidung nach allgemeinen prozeßrechtlichen Grundsätzen stets berücksichtigen müßten, und sodann ausgeführt, jedenfalls im vorliegenden Fall sei die tatsächliche Veränderung (der wirtschaftlichen Verhältnisse bei einer ein kommensabhängigen Leistung) auf die Verpflichtungsklage hin zu beachten. Die Beklagte sei durch Urteilsausspruch zu einer entsprechenden neuen Ermessensentscheidung zu verpflichten. Der 9. Senat des BSG hat also in jenem Urteil – wie Schmidt (a.a.O., S. 553) es zusammengefaßt hat – eine Ausnahme gemacht und die bei Ermessensentscheidungen gebotene Verpflichtungs- wie die Leistungsklage behandelt und aus prozeßökonomischen Gründen auch die Entwicklung bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung berücksichtigt. Ob dieser Auffassung des BSG heute noch gefolgt werden kann, mag dahinstehen. Denn ein mit jenem Fall vergleichbarer Sachverhalt ist vorliegend jedenfalls nicht gegeben. In dem vorstehend ebenfalls zitierten Urteil vom 11.11.1993 – 7 RAr 52/93 – (= SozR 3-4100 § 55 a AFG Nr. 5) hat das BSG – ohne nähere Darlegungen zur Problematik – ausgeführt, für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung sei bei Verpflichtungsklagen im allgemeinen der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend, jedoch könne im Einzelfall auf einen früheren Zeitpunkt abzustellen sein.
Die genannten BSG-Urteile erscheinen mithin als wenig geeignet, die Auffassung zu stützen, daß auch bei Ermessensakten die zur Zeit der gerichtlichen Entscheidung gegebene Sach- und Rechtslage – generell – maßgebend sein soll.
Vielmehr sind nach Ansicht des Senats Ermessensentscheidungen in der Regel nach der Sach- und Rechtslage zur Zeit der letzten Verwaltungsentscheidung zu beurteilen (so auch Schmidt a.a.O., S. 553 m.w.N.; vgl. a. Zeihe a.a.O., Anm. 2 A X 1 f dd) vor § 54). Denn die gerichtliche Kontrolle solcher Entscheidungen ist auf die Überprüfung beschränkt, ob die Verwaltung die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Bei dieser Überprüfung ist von den Gründen auszugehen, die die Verwaltung ihrer Entscheidung beigegeben hat. Ergibt die Prüfung des Gerichts, daß der VA nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung von Ermessensentscheidungen (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 41 Abs. 2 SGB X) entspricht oder das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden ist, so ist der VA rechtswidrig und aufzuheben bzw. – soweit Ermessensleistungen nur zum Teil versagt worden sind – abzuändern und auf die Vornahmeklage hin die Verpflichtung der Verwaltung zur erneuten – fehlerfreien – Ermessensentscheidung auszusprechen.
Stellt das Gericht fest, daß der VA bei seinem Erlaß – wobei der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (des Widerspruchsbescheides) maßgebend ist – rechtswidrig war, so kann dieser ursprünglich rechtswidrige VA durch eine nach diesem Zeitpunkt ein tretende Änderung der Sach- und/oder Rechtslage grundsätzlich nicht rechtmäßig werden, zumal auch das sog. "Nachschieben" von Gründen während des Gerichtsverfahrens bei Ermessensentscheidungen – worauf unten noch näher einzugehen sein wird – seit dem Inkrafttreten des Zehnten Sozialgesetzbuches (SGB X) zum 01.01.1981 nicht mehr zulässig ist. Jedenfalls in solchen Fällen kann der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht maßgebend sein, weil eine etwaige Änderung der Sach- und/oder Rechtslage sich auf die gerichtliche Entscheidung, daß der VA rechtswidrig zustandegekommen ist, nicht auswirken kann.
Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung der Beklagten ist mithin von der Sach- und Rechtslage zur Zeit des Widerspruchsbescheides vom 06.10.1994 auszugehen. Anzuwenden sind insoweit neben § 1 Abs. 1 des Rehabilitations-Angleichungsgesetzes (RehaAnglG), wonach die medizinischen, berufsfördernden und ergänzenden Maßnahmen und Leistungen zur Rehabilitation im Sinne dieses Gesetzes darauf auszurichten sind, körperlich, geistig oder seelisch Behinderte möglichst auf Dauer in Arbeit, Beruf und Gesellschaft einzugliedern, die unfallrechtlichen Vorschriften der RVO, die erst durch das Inkrafttreten des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) zum 01.01.1997 nach näherer Maßgabe der Übergangsvorschriften (§§ 212 ff. SGB VII) ersetzt worden sind.
Zu den Zielen der Heilbehandlung und der Berufshilfe nach einem eingetretenen Versicherungsfall bestimmt § 556 Abs. 1 RVO:
Die Heilbehandlung und die Berufshilfe sollen mit allen geeigneten Mitteln
1. die durch den Arbeitsunfall verursachte Körperverletzung oder Gesundheitsstörung und Minderung der Erwerbsfähigkeit beseitigen oder bessern, ihre Verschlimmerung verhüten und die Auswirkungen der Unfallfolgen erleichtern,
2. den Verletzten nach seiner Leistungsfähigkeit und unter Berücksichtigung seiner Eignung, Neigung und bisherigen Tätigkeit möglichst auf Dauer beruflich eingliedern.
Nach § 569 a Nr. 5 RVO werden außer dem Verletztengeld oder Übergangsgeld sonstige Leistungen gewährt, um das Ziel der Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern.
Zu den "geeigneten Mitteln" i.S.d. § 556 gehören auch die Maßnah men der Wohnungshilfe für Schwerverletzte (vgl. Lauterbach, Kommentar zur Unfallversicherung, 3. Aufl., Anm. 6 zu § 556 RVO). Hierfür haben die Spitzenverbände der Unfallversicherungsträger (UV-Träger) im Dezember 1980 "Gemeinsame Richtlinien der Unfallversicherungsträger über die Gewährung von Wohnungshilfe zur Eingliederung Behinderter" (abgedruckt auch bei Lauterbach a.a.O., S. 322 ff.) aufgestellt. Die Richtlinien sollen dazu beitragen, daß die UV-Träger die Hilfe zur Erhaltung oder Beschaffung behinderungsgerechten Wohnraumes als ergänzende Leistungen zur Rehabilitation i.S.d. §§ 556 Abs. 1, 569 a Nr. 5 RVO nach Voraussetzungen, Art und Umfang möglichst einheitlich erbringen (s.a. Ziff. 1.1 "Ziel der gemeinsamen Richtlinien"). Dabei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die jeder UV-Träger eigenverantwortlich unter Berücksichtigung der jeweiligen Erfordernisse des Einzelfalls zu erbringen hat. Welche Art der Beteiligung für die in Frage kommenden Maßnahmen jeweils in Betracht zu ziehen ist, hängt daher vom Umfang der Baumaßnahme, der Finanzierung, der Selbstbeteiligung, den Eigentumsverhältnissen sowie vom Alter des Verletzten ab. Insoweit setzen die Richtlinien lediglich den Rahmen, der seitens des UV-Trägers je nach Lage des Einzelfalles auszufüllen ist (vgl. Lauterbach a.a.O., S. 322/4 e, f).
An Hand dieser Vorgaben ist der Bescheid vom 01.07.1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.10.1994 zu überprüfen.
Zutreffend ist die Beklagte vom Vorliegen der Ermessensvoraussetzungen als Grundlage der Ermessensausübung ausgegangen. Soweit der in § 556 Abs. 1 RVO verwendete Begriff "sollen" eine sog. Sollvorschrift kennzeichnet, wird hierdurch der Raum der Behörde für die Ausübung des Ermessens regelmäßig eng begrenzt (vgl. Zeihe a.a.O., Anm. 2 A X 1 b cc) vor § 54; Schmidt a.a.O., S. 552). Dies betrifft aber die Frage des sog. Entschließungsermessens über das "Ob" der Leistung. Hier hat die Beklagte ihr Entschließungsermessen in für den Kläger positivem Sinne ausgeübt, indem sie ihm für sein Bauvorhaben grundsätzlich – zu Recht – ein zweites Mal Wohnungshilfe bewilligt hat. Denn der mit der erstmaligen Gewährung der Wohnungshilfe beabsichtigte Zweck konnte dauerhaft nicht erreicht werden, u.a. weil seinerzeit beide Beteiligte – wie sich aus verschiedenen Vermerken über Beratungsgespräche mit dem Berufshelfer ergibt – eine Fehleinschätzung der Situation des Klägers und der zukünftigen Entwicklung sowie des Erreichbaren vorgenommen haben.
Ihr sog. Auswahlermessen über Art und Umfang der Leistungen im Rahmen der Wohnungshilfe, über das "Wie" der Leistung, hat die Be klagte hingegen dahingehend ausgeübt, daß sie mit dem Bescheid vom 01.07.1994 – ergänzt durch den Widerspruchsbescheid vom 06.10.1994 – nur bestimmte, enumerativ aufgeführte Leistungen bewilligt, die Gewährung weiterer Leistungen aber abgelehnt hat.
Ob die für den negativen Teil der Entscheidung gegebene Begründung den gesetzlichen Anforderungen genügt, beurteilt sich zunächst nach der Bestimmung des § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X. Danach muß die Begründung von Ermessensentscheidungen auch die Gesichtspunkte er kennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Einer Begründung bedarf es nach § 35 Abs. 2 SGB X nur dann nicht, wenn eine der dort enumerativ genannten Ausnahmen gegeben ist. Das ist hier nicht der Fall, denn die Voraussetzungen der einzig in Betracht kommenden Alternative nach Abs. 2 Nr. 2 sind nicht erfüllt. Dem Kläger war die Auffassung der Beklagten über die Sach- und Rechtslage nicht bereits bekannt und sie war ihm ohne schriftliche Begründung auch nicht ohne weiteres erkennbar. Vor Einreichung der Bauunterlagen und der Erteilung des angefochtenen Bescheides hat die Beklagte in Beratungsgesprächen lediglich ihre Auffassung bekanntgegeben, daß eine erneute Wohnungshilfe grundsätzlich nicht bzw. nicht ohne weiteres gewährt werden könne, nicht aber die Gründe, mit denen sie – bei grundsätzlich erneut erfolgter Bewilligung – weitergehende Leistungen versagt hat. Die diesbezüglich vertretene Auffassung war für den Kläger auch nicht erkennbar.
Sofern gegen die Begründungsvorschrift des § 35 SGB X verstoßen wird, ist diese Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift – wenn sie den VA nicht nichtig macht – allerdings nach Maßgabe des § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X dann unbeachtlich, wenn die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird. Diese Handlung darf jedoch gemäß § 41 Abs. 2 SGB X nur bis zum Abschluß eines Vorverfahrens oder, falls ein solches nicht stattfindet, bis zur Erhebung der Klage nachgeholt werden. Diese Bestimmung gilt für Ermessensentscheidungen uneingeschränkt, da es bei ihnen darauf an kommt, welche Erwägungen vor Erlaß des angefochtenen Bescheides angestellt worden sind. Bei einer auf sachwidrige Erwägungen gestützten Ermessensentscheidung können daher nach Abschluß des Widerspruchsverfahrens keine weiteren, die Entscheidung rechtfertigenden Gründe mit heilender Wirkung nachgeschoben werden (vgl. Schroeder-Printzen/Engelmann/Schmalz/Wiesner/von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 3. Aufl. 1996, Rdn. 6 zu § 41 und Rdn. 17 zu § 35 jeweils m.w.N.). Werden später Ermessenserwägungen noch mit geteilt, die bei Erlaß des VA oder des Widerspruchsbescheides angestellt worden sind, dürfen sie also nicht berücksichtigt werden (vgl. BSG SozR 1300 § 35 SGB X Nr. 4). Erst recht gilt das für Ermessenserwägungen, die überhaupt erst nach diesen Zeitpunkten angestellt worden sind. Soweit vor dem Erlaß des SGB X die nachträgliche Mitteilung und das Nachholen von Ermessenserwägungen nach den in § 41 Abs. 2 SGB X genannten Zeitpunkten unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen wurde (vgl. z.B. BSGE 9, 232, 235), hat das BSG in seinem Urteil vom 24.02.1987 – 11 b RAr 26/86 – (BSG SozR 1300 § 35 SGB X Nr. 4) ausdrücklich festgestellt, daß diese Rechtsprechung nach dem Inkrafttreten des SGB X nicht mehr fortgeführt werden kann (vgl. auch BSG SozR 1300 § 35 SGB X Nr. 3).
Hat die Verwaltung – wie hier – erkannt, daß ihr ein Ermessensspielraum zur Verfügung steht, und hat sie Ermessenserwägungen an gestellt, so müssen diese schlüssig, d.h. logisch widerspruchsfrei und nachvollziehbar sein (vgl. Schmidt a.a.O., S. 555). Aus der Begründung muß erkennbar sein, welche Gesichtspunkte sie bei der Ausübung des Ermessens berücksichtigt und wie sie diese gewichtet hat. Ohne Mitteilung dieser Gesichtspunkte wäre nämlich nicht zu erkennen, ob die Verwaltung von ihrem Ermessen in pflichtgemäßer, dem Zweck der Ermächtigung entsprechender Weise Gebrauch gemacht und allgemeine Rechtsgrundsätze wie den Gleichheitssatz und das Sozialstaatsprinzip beachtet hat (vgl. Schroeder/Printzen et al. a.a.O., Rdn. 6 zu § 35). Erforderlich ist, daß die Ermessenserwägungen auf die wesentlichen Gesichtspunkte des Falles und alle Umstände eingehen, die der Verwaltung bekannt und die ihr insbesondere vor der Entscheidung vorgetragen worden sind (Schmidt a.a.O.). Dabei soll deutlich werden, daß die Behörde im Bewußtsein ihrer (relativen) Gestaltungsfreiheit Überlegungen darüber angestellt hat, wie der zu erlassende VA den konkreten Gegebenheiten gerecht werden kann (Schmidt a.a.O.). Die Berücksichtigung bestimmter Umstände ist gesetzlich vorgeschrieben. Bedeutung hat insoweit vor allem § 33 SGB I: Ist der Inhalt von Rechten und Pflichten nach Art oder Umfang nicht im einzelnen bestimmt, sind danach bei ihrer Ausgestaltung nämlich die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten oder Verpflichteten, sein Bedarf und seine Leistungsfähigkeit sowie die örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Dabei soll den Wünschen des Berechtigten oder Verpflichteten entsprochen werden, soweit sie angemessen sind (§ 33 Satz 2 SGB I). Außerdem bestimmt § 2 Abs. 2 SGB I, daß bei der Ausübung von Ermessen die sozialen Rechte zu beachten sind. Diese ergeben sich im jeweiligen Zuständigkeitsbereich vornehmlich aus den §§ 3 ff., 10 SGB I. Dabei ist sicherzustellen, daß die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden (§ 2 Abs. 2, 2. Halbsatz SGB I).
Den für die Ermessensentscheidung benötigten Sachverhalt hat die Behörde von Amts wegen zu ermitteln (vgl. Schroeder-Printzen et al. a.a.O.).
Nicht ausreichend begründet ist eine Ermessensentscheidung z.B. beim Gebrauch von nicht nachvollziehbaren Leerformeln, etwa wenn nur mitgeteilt wird, es lägen keine Besonderheiten vor, ohne daß die bei der Gewinnung dieser Auffassung angelegten Beurteilungsmaßstäbe erkennbar sind (Schroeder-Printzen et al. a.a.O.; s.a. BSG SozR 1300 § 35 SGB X Nr. 3; BSG SozR 2200 § 1236 RVO Nr. 50).
Unter Berücksichtigung der vorstehend dargelegten Kriterien genügen die zur Ablehnung "weiterer" Leistungen im Rahmen der Wohnungshilfe im Bescheid vom 01.07.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.1994 angeführten Gründe nach Auffassung des Senats nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung von Ermessensentscheidungen.
Auf Blatt (Bl.) 2 des Bescheides vom 01.07.1994 werden im Anschluß an den Verfügungssatz, weitere Leistungen im Rahmen der Wohnungshilfe würden nicht gewährt, zunächst die Rechtsgrundlagen bezeichnet. Sodann wird ausgeführt, das hierbei eingeräumte Ermessen werde unter Anwendung der gemeinsamen Richtlinien der UV-Träger über die Gewährung von Wohnungshilfe sowie unter besonderer Berücksichtigung der Ausgestaltung der persönlichen Verhältnisse, des Bedarfs und der Leistungsfähigkeit des Berechtigten ausgeübt (§ 33 SGB I). Bis hierhin handelt es sich lediglich um die Darstellung von Grundlagen für die Ermessensausübung und nicht um Ermessenserwägungen.
Sodann werden die Voraussetzungen für die Gewährung von Wohnungshilfe nach den "Richtlinien" dargelegt. Die nachfolgenden Ausführungen befassen sich mit der Bewilligung der Wohnungshilfe durch den Bescheid vom 25.09.1991, dem von der Beklagten angeführten "Grundsatz der nur einmaligen Gewährung von Wohnungshilfe" und mit den Gründen, die sie trotz dieses Grundsatzes bewogen haben, erneut Wohnungshilfe zu bewilligen, wobei es sich insoweit lediglich um die Begründung des – positiv – ausgeübten Entschließungsermessens über das "Ob" der Leistung handelt. Auf Bl. 3 des Bescheides heißt es dann, diese (Gewährung von Wohnungshilfe) sei jedoch kritisch hinsichtlich des Leistungsumfanges zu prüfen. Dies bezieht sich offenbar auf den nachfolgend erteilten Hinweis auf die DIN 18025 Teil 1. Soweit dann weiter ausgeführt wird, in jedem Fall müsse (beim Bau) die gewählte Lösung möglichst kostengünstig und einfach gehalten sein, es könne nicht zum Umfang der Wohnungshilfe gehören, jede gewünschte Form eines Neubaus zu unterstützen, mögen diese allgemein gehaltenen Erwägungen zwar grundsätzlich zutreffend sein. Es fehlt aber an der Darlegung konkreter, auf den vorliegenden Fall bezogener Umstände und damit auch an einer entsprechenden Abwägung.
Zwar wird dann im Bescheid, nachdem es zunächst heißt, die Bestimmungen der DIN 18025 Teil 1 enthielten nicht obligatorisch eine Berechnung der zusätzlichen Kosten eines behinderungsbedingten Mehraufwandes des umbauten Raumes, Abschnitt 6.3 dieser DIN angeführt, wonach bei Bedarf eine zusätzliche Wohnfläche für den Rollstuhlfahrer vorzusehen ist, wodurch sich die angemessene Wohnfläche im Regelfall um 15 qm erhöht. Eine Prüfung, ob für den Kläger ein solcher Bedarf – etwa im Hinblick auf einen gesonderten Therapieraum – besteht, hat die Beklagte jedoch nicht vorgenommen und auch keine diesbezüglichen Ermittlungen angestellt, obwohl der Therapieraum in den bei Antragstellung eingereichten Bauplanungsunterlagen eingezeichnet war und auch der beratende Architekt G … unter dem 07.05.1994 auf Abschnitt 6.3 der DIN 18025 Teil 1 hingewiesen hatte. Obgleich die Beklagte auf Bl. 2 ihres Bescheides die Vorschrift des § 33 SGB I selbst zitiert hat, ist sie der darin ausgesprochenen Verpflichtung, bestimmte Umstände zu berücksichtigen, nicht nachgekommen. Sie ist auf die zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bescheiderteilung bestehenden persönlichen Verhältnisse des Klägers und den von ihm geltend gemachten Bedarf nicht mit konkreten Erwägungen eingegangen. Abgestellt hat sie statt dessen auf die zuvor gegebenen Verhältnisse, indem sie den Raumbedarf der bisherigen Mietwohnung – ohne Berücksichtigung des vom Kläger im Schreiben vom 25.10.1993 vorgetragenen Umstandes, daß kein Raum für die Unterbringung von Therapiegeräten vorhanden sei – als ausreichend erachtet und es "aus diesem Grunde" als nicht statthaft angesehen hat, bei dem geplanten Neubauvorhaben zusätzlich einen behinderungsbedingten Mehrbedarf des umbauten Raumes kostenmäßig zu tragen.
Insgesamt lassen damit die im Bescheid mitgeteilten Erwägungen nicht erkennen, daß die Beklagte auf die wesentlichen Gesichtspunkte des Falles und alle ihr bekannten und vorgetragenen Umstände eingegangen ist. Eine Abwägung des "Für" und "Wider" durch Gewichtung der einzelnen für die Ermessensentscheidung bedeutsamen Umstände und Gesichtspunkte hat nicht stattgefunden. Dem Bescheid fehlt es mithin – soweit er hinsichtlich seines negativen Verfügungssatzes angefochten ist – an einer nachvollziehbaren, den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Begründung.
Dieser Mangel wird auch durch den Widerspruchsbescheid nicht behoben. Darin wird zwar der vom Kläger in der Widerspruchsbegründung – wenn auch in anderem Zusammenhang – nochmals ausdrücklich angesprochene Therapieraum erwähnt, allerdings nur unter dem Gesichts punkt, daß er auch im Erd- oder Obergeschoß hätte eingeplant wer den können und jedenfalls wegen dieses Raumes eine Anbindung des bewilligten Fahrstuhles an das Kellergeschoß nicht erforderlich sei. Bei dem im Widerspruchsbescheid erneut angeführten Abschnitt 6.3 (nicht 6.2, wie es dort heißt) der DIN 18025 Teil 1 wird auf den Therapieraum hingegen nicht eingegangen. Soweit es weiter – insoweit Darlegungen im angefochtenen Bescheid wiederholend – heißt, ein Mehrbedarf umbauter Wohnfläche sei nicht zwingend obligatorisch, sondern im Einzelfall an der Ausgestaltung des Gesamtobjektes zu prüfen, nach den vorgelegten Unterlagen sei "die Bewilligung des Mehrbedarfs" nicht erkennbar, handelt es sich um eine formelhafte Wendung, weil die angelegten Beurteilungsmaßstäbe nicht mitgeteilt werden. Daran ändert auch nichts der angefügte Halbsatz mit dem Hinweis auf die starke Abweichung von der vorgegebenen Richtgröße von 15 qm. Entsprechendes gilt in bezug auf die Ausführungen, ein Mehrbedarf könne sich theoretisch vom Begriff her immer dann ergeben, wenn die konzipierte Wohnlösung wenig großzügig sei und der Rollstuhlbenutzung gesondert Rechnung getragen werden müsse, bei dem hier in Rede stehenden Bauvorhaben sei dies nicht der Fall.
Insgesamt wird mithin auch im Widerspruchsbescheid auf bedeutsame Gesichtspunkte und Umstände nicht eingegangen.
Damit erweist sich der Bescheid vom 01.07.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.1994 hinsichtlich des negativen Teils der Ermessensentscheidung schon mangels den gesetzlichen Anforderungen genügender Begründung als rechtswidrig.
Selbst wenn man aber die Begründung als ausreichend ansehen wollte, würde sich am Ergebnis der Rechtswidrigkeit nichts ändern. Denn die Beklagte hat in jedem Fall ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt.
Sie hat sich offenbar im Hinblick auf den von ihr wiederholt betonten "Grundsatz der nur einmaligen Gewährung von Wohnungshilfe" von der Vorstellung leiten lassen, bei einer erneuten Bewilligung von Wohnungshilfe dürfe nur das unumgänglich Notwendige geleistet werden, und deshalb den Umfang der Wohnungshilfe auf die Mehrkosten der behinderungsbedingten Ausgestaltung des Hauses begrenzt. Dafür sprechen nicht nur ihre dem beratenden Architekten erteilten Hinweise, sondern auch bestimmte Ausführungen und Formulierungen im angefochtenen Bescheid, wenn es dort etwa heißt, sie habe in Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens zu prüfen, in welchem genauen Umfang geleistet werden dürfe, die Gewährung erneuter Wohnungshilfe sei kritisch hinsichtlich des Leistungsumfangs zu prüfen, die Bestimmungen der DIN 18025 Teil 1 enthielten nicht obligatorisch eine Berechnung der Kosten eines behinderungsbedingten Mehrbedarfs, es sei nicht statthaft, zusätzlich einen behinderungsbedingten Mehraufwand kostenmäßig zu tragen. Für diese Wertung spricht nicht zuletzt auch ihr erläuterndes Vorbringen im Klageverfahren, sie habe aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls ihr Ermessen nur dahingehend ausüben können, die Mehrkosten der behinderungsgerechten Ausgestaltung des Hauses zu übernehmen, darüber hinausgehende Leistungen habe sie aber ablehnen müssen, da eine erneute Wohnungshilfegewährung insbesondere weitere, nicht obligatorische Leistungen verbiete.
Diese Wortwahl läßt den Schluß zu, daß die Beklagte von einer vermeintlich gezogenen oder selbst gesetzten Grenze für die Ermessensausübung hinsichtlich des Leistungsumfangs bei erneuter Gewährung von Wohnungshilfe ausgegangen ist und sich "verpflichtet" gefühlt hat, insoweit restriktiv zu verfahren.
In Nr. 3.5 der Gemeinsamen Richtlinien ist aber grundsätzlich geregelt, daß ein Verletzter Anspruch auf erneute Wohnungshilfe hat, wenn seine bisherige Wohnung aus Gründen, die er – wie hier – nicht zu vertreten hat, nicht mehr zur Verfügung steht und wenn die Gründe für eine Wohnungshilfe nach den Nrn. 3.1 bis 3.4 fort bestehen.
Für solche Fälle der erneuten Gewährung von Wohnungshilfe enthalten die Richtlinien keine gesonderte Einschränkung hinsichtlich des Leistungsumfangs. Erst recht ist eine solche Einschränkung den einschlägigen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen (Ermächtigungsnormen) nicht zu entnehmen. Vielmehr bleiben auch in solchen Fällen die in § 1 RehaAnglG, §§ 556, 569 a Nr. 5 RVO genannten Ziele der Rehabilitation bestehen, denen das Ziel der Richtlinien (Nr. 1.1.), Hilfe im Einzelfall so vollständig und umfassend zu erbringen, daß Sozialleistungen anderer Reha-Träger in der Regel nicht erforderlich werden, weitestgehend entspricht. Wenn mithin die Beklagte sich hinsichtlich des Leistungsumfangs bei der Gewährung erneuter Wohnungshilfe in der Ausübung ihres Ermessens eingeschränkt gesehen und dieses entsprechend betätigt hat, so hat sie von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht bzw. die gesetzlichen Grenzen des Ermessens unterschritten (vgl. zur Ermessensunterschreitung als Ermessensfehler z.B. Meyer-Ladewig a.a.O., Rdn. 30 zu § 54).
Ob die – als genügend angenommene – Begründung der Ermessensentscheidung daneben noch einen weiteren Ermessensfehler enthält, der etwa in einem sachwidrigen Abstellen auf den Raumbedarf der vorherigen Mietwohnung und der fehlenden konkreten Prüfung der im Zeitpunkt der Bescheiderteilung tatsächlich gegebenen Verhältnisse erblickt werden könnte, kann bei dieser Sachlage offen bleiben.
Jedenfalls der aufgezeigte Ermessensfehler macht den Bescheid vom 01.07.1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.10.1994 hinsichtlich seines streitbefangenen Teils rechtswidrig.
Diese Rechtswidrigkeit führt hier jedoch nicht zu dem vom SG angenommenen, in der Teilverurteilung der Beklagten zum Ausdruck gekommenen Ergebnis, daß – ausnahmsweise – auf der Rechtsfolgenseite nur noch eine einzige Ermessensentscheidung der Beklagten fehlerfrei und damit rechtmäßig, das Ermessen also auf Null geschrumpft wäre und Kosten für einen behinderungsbedingten Raummehrbedarf von 15 qm übernommen werden müßten. Vielmehr hat das SG mit der entsprechenden Verurteilung der Beklagten sein eigenes Ermessen in rechtlich unzulässiger Weise an die Stelle des Verwaltungsermessens gesetzt (vgl. dazu z.B. BSGE 2, 142, 149; BSG SozR 3-4100 § 55 a AFG Nr. 5; vgl. a. Meyer-Ladewig a.a.O., Rdn. 30 zu § 54; Zeihe a.a.O., Anm. 2 A X 1 f kk) vor § 54 und Rdn. 29 a zu § 54).
Das SG hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, daß gemäß Ziff. 6.3 der nach den "Gemeinsamen Richtlinien" heranzuziehenden DIN 18025 Teil 1 für den Rollstuhlfahrer bei Bedarf eine zusätzliche Wohnfläche von im Regelfall 15 qm vorzusehen sei, ein solcher Bedarf aufgrund der Auskunft des Dr. D … vom 03.03.1997 in bezug auf einen vom Kläger benötigten Therapieraum nachgewiesen sei und die Beklagte wegen der Selbstbindung der Verwaltung an die "Richtlinien" i.V.m. der DIN 18025 ihre Entscheidung über das "Wie" der Leistungsgewährung hier nur noch in einem bestimmten Sinne ausüben könne, so daß jede andere Entscheidung fehlerhaft wäre.
Dieser Schlußfolgerung des SG vermag der erkennende Senat nicht beizutreten.
Richtig ist, daß nach Nr. 4.2.1.2 i.V.m. Nr. 4.8.4 der Richtlinien die DIN 18025 und damit auch Abschnitt 6.3 in Teil 1 der DIN mit der darin vorgesehenen Regelung zu berücksichtigen ist. Es trifft auch zu, daß von der Verwaltung zum Zwecke gleichmäßiger Ermessensausübung erlassene Richtlinien – sofern diese nicht ihrerseits gegen geltendes Recht verstoßen – eine Selbstbindung bewirken (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 182 c RVO Nr. 4; BSG SozR 2200 § 611 RVO Nr. 2; BSG SozR 3-4100 § 55 a AFG Nr. 5, Schmidt a.a.O., S. 555; Zeihe a.a.O., Anm. 2 a X 1 c vor § 54; PSW a.a.O., § 54, S. 185/1). Dies bedeutet, daß die Verwaltung sich einerseits bei der Handhabung des Ermessens gegenüber einem Antragsteller auf derartige Richtlinien berufen darf, daß sie diese andererseits aber auch beachten muß und hiervon nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund abweichen darf (vgl. z.B. Schmidt a.a.O., S. 555; Zeihe a.a.O.; s.a. BSG SozR 2200 § 182 c RVO Nr. 4). Derartigen "ermessenslenkenden" Richtlinien ist aber grundsätzlich kein absoluter Charakter zuzuerkennen. Ihre Handhabung darf nicht zu "gebundenen" Entscheidungen führen. Es muß Raum für die Ausübung von Ermessen im Einzelfall bleiben (vgl. BSG SozR 3-4100 § 55 a AFG Nr. 5; s.a. BSG SozR 2200 § 182 c RVO Nr. 4; Schmidt a.a.O., S. 556). So setzen auch die hier in Rede stehenden Richtlinien lediglich den Rahmen, der seitens des UV-Trägers je nach Lage des Einzelfalls auszufüllen ist (vgl. Lauterbach a.a.O., Anm. 6 zu § 556 RVO, S. 322/4 f). Auch im Rundschreiben VB 101/97 des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften – HVBG – vom 18.12.1997, mit dem die am 01.01.1998 in Kraft getretenen neuen "Gemeinsame(n) Wohnungshilfe-Richtlinien der Verbände der Unfallversicherungsträger nach § 41 Abs. 4 SGB VII" bekannt gegeben worden sind, heißt es, daß die neuen Richtlinien unter Berücksichtigung der Rechtsentwicklung und der Praxisbedürfnisse das Ziel verfolgen, die Leistungen zur Wohnungshilfe nach Voraussetzungen, Art und Umfang möglichst einheitlich zu erbringen, ohne den Gestaltungsspielraum des UV-Trägers im Einzelfall im Rahmen des Auswahlermessens unnötig einzuengen.
Bei dem in Abschnitt 6.3 der DIN 18025 Teil 1 bezeichneten – vom SG aufgrund der Auskunft des Dr. D … bejahten – "Bedarf" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der hier aus schließlich auf der Rechtsfolgenseite und damit im Ermessensbereich der Verwaltung angesiedelt ist. Sofern der Tatbestand einer gesetzlichen Vorschrift einen unbestimmten Rechtsbegriff (z.B. "besondere Härte") und einen Rechtsfolgebegriff "z.B. "kann") enthält, wird angenommen, daß ersterer in den Ermessensbereich hineinragt und zugleich Inhalt und Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens bestimmt (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 182 c RVO Nr. 4). Derartige Fälle, in denen der Ermessensraum für die Verwaltung an einen unbestimmten Rechtsbegriff anknüpft (sog. Koppelungsvorschriften), bereiten besondere Schwierigkeiten. Erst wenn z.B. die Härte (unbestimmter Rechtsbegriff) bejaht ist, setzt die Ermessensprüfung ein. Andererseits zeigt diese Verbindung deutlich den Unterschied zwischen dem auf den unbestimmten Begriff bezogenen, von der Rechtsprechung zwar überprüfbaren, aber zu tolerierenden Rechtsanwendungsraum und dem der Verwaltung überlassenen Handlungsraum. Eine klare Abgrenzung ist in der Praxis allerdings häufig unmöglich: unbestimmter Rechtsbegriff und Ermessen greifen nicht selten ineinander über (vgl. Zeihe a.a.O., Anm. 2 a X 2 d vor § 54; vgl. zu den "Koppelungsvorschriften" auch Schmidt a.a.O., S. 551 m.w.N.). Letzteres mußt erst recht dann gelten, wenn unbestimmter Rechtsbegriff und Rechtsfolgebegriff nicht im Tatbestand einer Norm aufgeführt, sondern – wie hier – im Bereich von Richtlinien und damit voll im Ermessensbereich angesiedelt sind. Das hat Auswirkungen auch auf die gerichtliche Überprüfbarkeit und die Ermittlungspflicht. Grundsätzlich voll überprüfbar sind nur die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermessensnorm (Ermessensvoraussetzungen); hierauf erstreckt sich auch die Amtsermittlungspflicht der Sozialgerichte (vgl. Schmidt a.a.O., S. 551). Enthält die Tatbestandsseite einer Norm einen dem Bereich der Rechtserkenntnis und der Rechtsanwendung zugehörenden unbestimmten Rechtsbegriff, so ist dessen Auslegung durch die Verwaltung zwar gerichtlich voll nachprüfbar. Das bedeutet aber nicht, daß die Gerichte ihre eigene Rechtsauffassung an die der Verwaltung setzen dürfen (vgl. Zeihe a.a.O., Anm. 2 a X 2 e aa) vor § 54). Auf der Rechtsfolgenseite sind nur solche Tatsachen überprüfbar, die die Verwaltung ihrer Ermessensentscheidung zugrundegelegt hat. Auf andere Gegebenheiten und Geschehnisse, welche allein für den Ermessensentschluß der Behörde bedeutsam sind, bezieht sich die richterliche Aufklärungspflicht nicht (vgl. Schmidt a.a.O., S. 554 m.w.N.; s.a. Zeihe a.a.O., Anm. 2 a X 1 f bb) vor § 54). Ermittelt das Gericht nämlich von der Verwaltung bisher nicht berücksichtigte, den Ermessensbereich berührende Tatsachen, so wird damit in den Rechtsstreit unzulässigerweise ein andersartiger Grund, als er in den angefochtenen Verwaltungsentscheidungen mitgeteilt worden ist, eingeführt (vgl. z.B. BSG SozR 3100 § 89 BVG Nr. 1). Werden gleichwohl diesbezügliche Ermittlungen angestellt und erweisen sich diese als "ergiebig", so steht damit zugleich fest, daß die angegriffene Ermessensentscheidung auf unzureichenden tatsächlichen Grundlagen beruht und aufhebungsreif ist (vgl. Schmidt a.a.O., S. 555). Der Verwaltung ist Gelegenheit zu geben, über die Bewertung dieser neuen, bisher nicht berücksichtigten Tatsachen zu entscheiden (vgl. BSG SozR Nr. 119 zu § 54 SGG). Diese Entscheidung könnte nicht in Form eines bloßen Nachschiebens von Gründen erfolgen, das – wie oben dargelegt – nicht mehr erlaubt ist. Soweit es als zulässig angesehen wird, daß die Verwaltung während des Rechtsstreits einen neuen VA erläßt, der gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens wird (vgl. z.B. Schroeder-Printzen et al. a.a.O., Rdn. 6 zu § 41 SGB X m.w.N.; Zeihe a.a.O. Anm. 2 a X 1 f ii) vor § 54; ablehnend Schmidt a.a.O., S. 555), ist dies hier seitens der Beklagten nicht geschehen.
Aus alledem folgt für den vorliegenden Fall:
Das SG hat durch Einholung der Auskunft von Dr. D … Tatsachen zur Frage des "Bedarfs" i.S.d. Abschnitts 6.3 der DIN 18025 Teil 1 ermittelt. Indem es diese von der Beklagten in ihrem Bescheid und Widerspruchsbescheid nicht berücksichtigten Tatsachen, die den Ermessensbereich betreffen, selbst bewertet und das Merkmal des Bedarfs bejaht hat, hat es der Entscheidung der Beklagten vor- und in deren Ermessensraum eingegriffen. Selbst wenn man aber trotz der aufgezeigten Bedenken diese eigenständige Tatsachenbewertung durch das SG noch als zulässig erachten wollte, so ergibt sich daraus jedenfalls nicht, daß nur eine einzige Ermessensentscheidung der Beklagten, nämlich die vom SG gefundene Lösung, als rechtmäßig in Betracht kommt (vgl. z.B. auch BSG SozR 3100 § 89 BVG Nr. 1). Zur Frage des durch die benötigten Therapiegeräte bedingten Raumbedarfs hat Dr. D … in seiner Auskunft vom 03.03.1997 nicht Stellung genommen. Das SG hat den erforderlichen Raummehrbedarf in Höhe von 15 qm aus Abschnitt 6.3 der DIN 18025 Teil 1 entnommen, wonach sich bei entsprechendem Bedarf die angemessene Wohnungsgröße im Regelfall um 15 qm erhöht. Schon der Begriff "im Regelfall" bedeutet aber, daß auch Ausnahmen möglich sind. Denkbar ist deshalb z.B. auch eine Entscheidung, bei der – wenn auch ansonsten das Ermessen fehlerfrei ausgeübt wird – ein Raummehrbedarf von weniger als 15 qm als angemessen angenommen wird.
Weil sich nach allem jedenfalls eine Ermessensreduzierung auf Null nicht begründen läßt, war das angefochtene Urteil auf die Berufung der Beklagten abzuändern. Insoweit erweist sich die Berufung der Beklagten als begründet. Aus den vorstehend dargelegten Gründen folgt zugleich, daß die Berufung der Beklagten unbegründet ist, soweit sie auf die Abweisung der Klage gerichtet ist. Sie war vielmehr unter Abänderung ihrer Verwaltungsentscheidungen zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Wie sich ebenfalls aus den vorstehend dargelegten Gründen ergibt, ist die auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung höherer Leistungen im Rahmen der Wohnungshilfe gerichtete Berufung des Klägers schon deshalb unbegründet, weil die erhobene Leistungsklage unzulässig ist.
Die Beklagte wird nunmehr ihr Ermessen erneut – fehlerfrei – auszuüben haben. Sie wird bei der Rechtsanwendung die einschlägigen Vorschriften des am 01.01.1997 in Kraft getretenen SGB VII (§ 26 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4, Abs. 5, § 39 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 41) und die aufgrund der Ermächtigungsnorm des § 41 Abs. 4 SGB VII erlassenen neuen "Gemeinsamen Wohnungshilfe-Richtlinien" (in Kraft seit dem 01.01.1998) zu beachten haben, denn nach der Übergangsvorschrift des § 214 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind auch bei vor dem 01.01.1997 eingetretenen Versicherungsfällen die genannten Bestimmungen anzuwenden, die von der Regelung des § 214 Abs. 1 Satz 2 SGB VII nicht erfaßt werden (vgl. Bereiter-Hahn/Schieke/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung – Handkommentar -, Rdn. 8 zu § 214 SGB VII).
Für ihre erneute Ermessensausübung wird die Beklagte ausreichende tatsächliche Grundlagen zu schaffen und diesbezüglich – soweit noch erforderlich – Ermittlungen, insbesondere zu Ziff. 2.2.2 der Anlage zu den neuen Richtlinien (Ermittlung der behinderungsbedingten Mehrkosten als Pauschalbetrag bei Errichtung oder Erwerb von Wohnhäusern und Eigentumswohnungen durch Rollstuhlfahrer) anzustellen haben, sofern sie nicht bereits aufgrund der Auskunft des Dr. D … vom 03.03.1997 die Notwendigkeit einer zusätzlichen Wohnfläche als Individualraum aus rehabilitativen Gründen bejahen will.
Bei der Ermessensausübung wird sie sich nicht mehr auf die oben als ermessensfehlerhaft beanstandeten Erwägungen berufen dürfen.
Ob es sich bei den von der Beklagten im Klageverfahren zur Frage der Notwendigkeit eines Therapieraumes vorgebrachten Argumenten um Erwägungen handeln würde, die als sachgerecht gelten könnten, sollte sie ebenfalls einer kritischen Überprüfung unterziehen.
An den Kläger gerichtet erlaubt sich der Senat noch den kurzen Hinweis, daß man seiner Vorstellung, es müsse ein behinderungsbedingter Raummehrbedarf in der Größenordnung von wenigstens 50 qm bezuschußt werden, kaum wird folgen können, wenn nach der bereits erwähnten Anlage zu den neuen Richtlinien unter Ziff. 2.2.1 bei einer für einen Drei-Personen-Haushalt zugrundezulegenden Dreizimmerwohnung der Grundbedarf von üblichen 72,10 auf rollstuhlgerechte 90,50 qm ansteigt, sich mithin ein Mehrflächenbedarf von (nur) 18,40 qm ergibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Es bestand kein Anlaß, die Revision zuzulassen, denn die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG sind nicht erfüllt.
Erstellt am: 20.08.2003
Zuletzt verändert am: 20.08.2003