Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 7.6.2018 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), ob die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 1.1.2012 bis zum 27.5.2015 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen hat.
Die Beigeladene zu 1), eine GmbH, wurde durch Gesellschaftsvertrag (GV) vom 15.10.1979 unter der Firma S GmbH mit einem Stammkapital von 50.000 DM gegründet. Gründungsgesellschafter waren zu je 50 v.H. Herr X S, der Vater der Klägerin, und Herr H T. § 8 des damaligen GV sah vor, dass die Gesellschaft einen Beirat erhielt, der aus den beiden Gesellschaftern und dem für das Unternehmen zuständigen Steuerberater bestand. Sofern technische Fragen Gegenstand der Beschlussfassung waren, handelte anstelle des Steuerberaters ein von der zuständigen IHK benannter Sachverständiger. Jeder Gesellschafter konnte die Einberufung des Beirats verlangen und ihn ggf. auch selbst laden. Vorgesehen war eine Ladungsfrist von vier Wochen. § 10 GV sah, soweit gesetzlich nicht zwingend anders vorgeschrieben, für Gesellschafterbeschlüsse eine einfache Mehrheit vor. Bei Stimmengleichheit sollte eine nochmalige Abstimmung stattfinden. Sodann hieß es wörtlich:
"Sollte wiederum eine Mehrheit nicht zu finden sein, entscheidet in diesen Fällen der Beirat, dessen Entscheidung sich die Gesellschafter unterwerfen. Dies gilt nicht, sofern das Gesetz zwingend eine Entscheidung der Gesellschafter verlangt."
Mit Änderung des GV vom 13.12.1985 wurde in der nunmehr so genannten S T GmbH der Beirat auf vier Mitglieder erweitert: neben den Gründungsgesellschaftern der Steuerberater und ein geschäftsführendes Mitglied des Vorstandes der für die Gesellschaft zuständigen IHK.
Am 14.10.1988 wurde das Stammkapital auf 101.000 DM erhöht. 51.000 DM davon übernahm die T & X GmbH.
Am 24.2.1994 wurden die Gesellschaftsanteile unter weiterer Erhöhung des Stammkapitals auf 104.000 DM zu je 25 v.H. verteilt auf die Gründungsgesellschafter sowie Frau N T und Frau C S. Bei dieser prozentualen Verteilung der Anteile blieb es auch, als am 28.8.1995 das Stammkapital auf 336.000 DM erhöht wurde. Gleichzeitig wurde die Zahl der Beiratsmitglieder auf drei reduziert, wobei der Steuerberater gestrichen wurde. 1996 schieden die Eheleute T aus der Gesellschaft aus. Fortan waren zunächst Herr X S und Frau C S je zur Hälfte Gesellschafter, Frau S ab dem 13.3.1997 auch Geschäftsführerin.
Am 15.9.1999 wurde die Beiratsklausel erneut geändert. Danach waren Mitglieder die Gesellschafter und der für das Unternehmen zuständige Steuerberater.
Am 18.12.2008 traten die Klägerin und Herr I S mit Kapitalanteilen von je 68.800 Euro des inzwischen auf 172.000 Euro umgewerteten Stammkapitals, also jeweils zu 40 v.H., in die Gesellschaft ein. Herr X und Frau C S waren fortan zu je 10 v.H. Gesellschafter. Alle vier Gesellschafter waren Geschäftsführer, namentlich die Klägerin mit Einzelvertretungsberechtigung und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit.
Mit GV vom 5.5.2009 (im Folgenden: GV 2009) wurde die Satzung der Beigeladenen zu 1) vollständig neu gefasst. § 6 sah jetzt vor, dass Beschlüsse der Gesellschafter mit einer Mehrheit von mindestens 60 v.H. des Stammkapitals gefasst werden, wobei je 100 Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme gewähren.
Auch die Beiratsklausel wurde in § 7 GV 2009 neu gefasst. Sie lautete nunmehr:
§ 7 Beirat
Die Gesellschaft erhält einen Beirat. Dieser berät die Gesellschaft und entscheidet mit einer Stimme, wenn Gesellschafterbeschlüsse nicht zustande kommen können. Mitglieder des Beirates sind die Gesellschafter und der für das Unternehmen tätige aktive Steuerberater, der je nach Aufgabenstellung einen externen Sachverständigen über die IHK hinzuziehen kann.
Jeder Gesellschafter kann die Einberufung des Beirates verlangen. Der Beirat wird durch einen Geschäftsführer einberufen.
Sofern dem Verlangen eines Gesellschafters nicht unverzüglich entsprochen wird, ist er berechtigt, selbst den Beirat zu laden. Sofern nicht Gefahr in Verzug ist, soll die Ladungsfrist 2 Wochen betragen.
Der ordnungsgemäß einberufene Beirat ist beschlussfähig, wenn alle Mitglieder anwesend sind. Ist ein Mitglied nicht anwesend, wird innerhalb von 2 Wochen eine neue Beiratsversammlung einberufen, die dann immer beschlussfähig ist. Abgestimmt wird mit einfacher Mehrheit.
Seit 2013 sind nur noch die Klägerin und Herr I S Geschäftsführer. Mit Änderung des GV 2009 vom 15.1.2013, eingetragen ins Handelsregister am 5.2.2013, wurde zudem das Mehrheitserfordernis in der Gesellschafterversammlung auf 61v.H. angehoben.
Am 27.11.2014 verstarb Herr X S. Seitdem ist die Klägerin nach eigenen Angaben zu 45 v.H. Gesellschafterin (Gesellschafterliste v. 12.12.2014).
Mit Änderung des GV vom 27.4.2015, ins Handelsregister eingetragen am 28.5.2015, wurde die Beiratsklausel ersatzlos gestrichen.
Der Geschäftsführertätigkeit der Klägerin, die bereits zuvor seit 2007 als Angestellte im Betrieb tätig war, liegt ein Anstellungsvertrag vom 18.12.2009 zugrunde, der zunächst auf die Dauer von drei Jahren geschlossen wurde und sich seitdem, wenn er nicht mit einer Frist von sechs Monaten zum Jahresende gekündigt wird, um jeweils ein weiteres Jahr verlängert. Während der Unkündbarkeit kann sie nur aus wichtigen Gründen aus ihrem Amt abberufen werden. Ihr obliegt die Leitung des gesamten Betriebs einschließlich der Personalverantwortung. Im Rahmen gesonderter Gesellschafter-Beschlüsse können ihr besondere Aufgabengebiete zugewiesen werden. Sie hat die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe des Gesetzes und des GV zu führen und die ihr von der Gesellschafterversammlung erteilten Weisungen zu befolgen. Für alle über den gewöhnlichen Geschäftsverkehr hinausgehenden Geschäfte, insbesondere eine Zahl enumerativ aufgeführter Geschäfte, ist ein Gesellschafterbeschluss erforderlich. Der Vertrag sah u.a. ein monatliches Bruttogehalt von zunächst 3.350 EUR – seit Januar 2013 7.500 EUR – vor, enthält eine Tantiemeregelung und bestimmt eine regelmäßige Arbeitszeit von 8:00 Uhr bis 16:15 Uhr sowie einen Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall und für 30 Urlaubstage im Jahr. Er regelt zudem, dass die Geschäftsführerin auf Teile ihrer Vergütung verzichten kann, wenn die wirtschaftliche oder finanzielle Situation der Gesellschaft dies erfordern sollte. Darüber hinaus kann sie die Auszahlung ihres Gehaltes der Gesellschaft stunden.
Die Klägerin übernahm seit 2011 Bürgschaften für die Beigeladene zu 1).
Das vorliegende Verfahren geht zurück auf einen Statusfeststellungsantrag der Klägerin vom 24.4.2012 dahingehend, dass eine Beschäftigung nicht vorliege. Eingeleitet wurde es nach eigenen Angaben aufgrund einer Nachfrage der Steuerberaterin, aus welchen Gründen die Beigeladene zu 1) Sozialversicherungsbeiträge für die Klägerin entrichte.
Nach Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 24.9.2012 fest, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 1) der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterliege. Sie verfüge nicht über die erforderliche Rechtsmacht in der Gesellschafterversammlung, ihr nicht genehme Weisungen zu verhindern. Im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsleben sei die Klägerin weisungsgebunden und in die Arbeitsorganisation der Gesellschaft eingebunden. Zudem sei sie an Entscheidungen des Beirats gebunden.
Mit dem Widerspruch trug die Klägerin vor, sie habe in erheblichem Umfang Einfluss auf die Strukturen des Familienbetriebes genommen. Das Unternehmen werde gleichberechtigt geführt. Das Verhältnis sei durch familienhafte Rücksichtnahme geprägt. Ihr seien nie Weisungen erteilt worden. Kraft überlegenen Fachwissens könne sie jederzeit Einfluss auf sämtliche Gesellschafterentscheidungen nehmen, da ausschließlich sie in der Lage sei, die konkreten geschäftlichen Auswirkungen der zu treffenden Firmenentscheidungen (etwa Investitionsvorhaben oder Kundenausrichtung) einzuschätzen. Gehaltsanpassungen und Sonderzahlungen orientierten sich am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Sie nehme Urlaub unter Rücksichtnahme auf betriebliche Belange und sei in der Vergangenheit mehrfach trotz Krankheit zur Arbeit gegangen. Aufgrund der Bürgschaftsverpflichtungen trage sie auch ein erhebliches Unternehmerrisiko.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4.3.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ergänzend zur Begründung des angefochtenen Bescheides führte sie aus, es komme für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nicht darauf an, ob der Geschäftsführer Kopf und Seele des Betriebes oder mit den anderen Gesellschaftern familiär verbunden sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 14.3.2013 Klage erhoben. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte zwei Teilanerkenntnisse abgegeben, nämlich für den gesamten Streitzeitraum Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung und darüber hinaus ab dem 28.5.2015 auch in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung anerkannt. Beide Teilanerkenntnisse hat die Klägerin angenommen.
Sie hat die Auffassung vertreten, auch im Übrigen nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden zu haben. Hierzu hat sie ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen auf ihr Arbeitspensum von 60 bis 70 Stunden pro Woche ohne Überstundenvergütung hingewiesen. Zudem könne sie seit dem 15.1.2013 (Anhebung des Mehrheitserfordernisses auf 61 %) mit ihrem 40 %-Anteil alle ihr nicht genehmen Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern. § 7 GV 2009 stehe dem nicht entgegen. Denn danach habe der Beirat nur eine Stimme gegenüber den in der Gesellschafterversammlung insgesamt vertretenen 1.721 Stimmen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, dass der Beirat auch in der Neufassung im Falle, dass Gesellschafterbeschlüsse nicht zustande kämen, mit seiner Beschlussfassung an die Stelle der Gesellschafterversammlung trete. Im Beirat sei die Klägerin nur mit einer von fünf Stimmen vertreten. Damit könne sie sich im Konfliktfall nicht gegen ihre Mitgesellschafter durchsetzen.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil v. 7.6.2018). Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Bereits der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag trage deutliche arbeitsvertragliche Züge. Auf der Grundlage dieses Vertrages sei die Klägerin in einen ihr fremden Betrieb, nämlich denjenigen der Beigeladenen zu 1), eingegliedert tätig geworden. Dabei habe sie auch den Weisungen der Beigeladenen zu 1) unterlegen. In der Zeit vom 1.1.2012 bis zum 4.2.2013 habe sie kraft ihrer Beteiligung von 40 v.H. am Stammkapital nicht die Möglichkeit gehabt, ihr nicht genehme Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu verhindern, für die eine Mehrheit von 60 v.H. der Stimmen ausgereicht habe. Dass die übrigen Gesellschafter von ihrem Weisungsrecht keinen Gebrauch gemacht hätten, stehe dem nicht entgegen, weil es insoweit allein auf die Rechtsmacht hierzu ankomme. Daher sei auch nicht entscheidend, ob die Klägerin Kopf und Seele des Geschäfts oder mit den übrigen Gesellschaftern familiär verbunden sei. Aber auch nach Anhebung des Mehrheitserfordernisses auf 61 v.H. sei es bei der Weisungsgebundenheit der Klägerin verblieben. § 7 GV 2009 sei nämlich dahin auszulegen, dass im Falle einer nicht möglichen Beschlussfassung durch die Gesellschafterversammlung die Entscheidungsbefugnis auf den Beirat übergehen solle. In diesem habe die Klägerin jedoch nur eine von fünf Stimmen gehabt. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Die Klägerin und die Beigeladene zu 1) haben gegen das ihnen am 27.8.2018 zugestellte Urteil am 6.9.2018 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie – unter weitgehender Wiederholung des Vorbringens der Klägerin aus dem Verwaltungs- und Klageverfahren – vortragen: Die Klägerin sei kraft ihres überlegenen Fachwissens und ihrer für das Unternehmen entscheidenden Geschäftsbeziehungen sowie Leitungsverantwortung im Betrieb als Unternehmerin und damit als sozialversicherungsfrei einzustufen. Sie habe im betrieblichen Alltag schalten und walten können, als ob es ihr eigenes Unternehmen sei. Die Entgeltregelungen im Anstellungsvertrag ebenso wie die Verbuchung des Entgelts als Betriebsausgabe sprächen nicht dagegen. Im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens habe das SG nicht nur die Unersetzbarkeit der Klägerin in der Gesellschaft nicht richtig gewürdigt, sondern auch die Umstände, dass diese in der Vergangenheit auf ihr zustehende Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis verzichtet bzw. sie nicht geltend gemacht habe und für das Unternehmen mittels einer Bürgschaft in Haftung stehe. Entscheidend sei jedoch, dass die Klägerin als Gesellschafterin der Beigeladenen zu 1) im Streitzeitraum 40 v.H., seit dem 27.11.2014 45 v.H. des Stammkapitals besessen habe. Seit der Änderung des § 6 der Satzung durch notarielle Vereinbarung vom 15.1.2013 sei sie damit jederzeit in der Lage, maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft zu nehmen und sämtliche ihr unliebsame Entscheidungen zu verhindern. Hieran ändere auch § 7 GV 2009 nichts. In der Gesellschafterversammlung kämen 1.720 Stimmen zusammen, von denen 688 auf die Klägerin entfielen. Die übrigen Gesellschafter hätten 1.032 Stimmen, unter Einrechnung der Stimme des Beirats 1.033 Stimmen. Für eine Mehrheit in der Gesellschafterversammlung bedürfe es jedoch 1.049,2 Stimmen, welche die übrigen Gesellschafter selbst unter Berücksichtigung des Beirats nicht erreichen könnten. § 7 GV 2009 habe damit keinen eigenen Anwendungsbereich mehr. Das sei offenbar bei der Änderung des § 6 am 15.1.2013 übersehen worden. Im Übrigen weist die Klägerin zum wiederholten Male darauf hin, dass der Beirat seit 1979 nicht ein einziges Mal einberufen worden sei.
Die Klägerin und die Beigeladene zu 1) beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 7.6.2018 zu ändern, den Bescheid vom 24.9.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.3.2013 aufzuheben und festzustellen, dass in der Tätigkeit der Klägerin als Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 1.1.2012 bis zum 27.5.2015 keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für richtig.
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat die Klägerin zu den Hintergründen der den Beirat betreffenden Vertragsklauseln befragt. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, der beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufungsbegründung gibt keinen Anlass, an der Richtigkeit der Entscheidung des SG zu zweifeln. Lediglich ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:
Entscheidend für die Beurteilung der Versicherungspflicht der Klägerin ist, ob sie nach dem GV der Beigeladenen zu 1) eine echte bzw. qualifizierte, d.h. uneingeschränkt die gesamte Unternehmenstätigkeit umfassende Sperrminorität hatte (BSG, Urteil v. 14.3.2018, B 12 KR 13/17 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 35 = NJW 2018, 2662 ff.). Denn nur in diesem Fall hat sie als Geschäftsführerin die Rechtsmacht, ihr nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung umfänglich abzuwenden, und kann aufgrund dessen als selbstständig angesehen werden und versicherungsfrei sein.
Dass diese Voraussetzung in der Zeit bis zum 4.2.2013 angesichts einer Kapitalbeteiligung von 40 v.H. bei einem Mehrheitserfordernis von lediglich 60 v.H. nicht erfüllt war, bedarf keiner näheren Diskussion. Sämtliche von der Klägerin angeführten, außerhalb des GV liegenden Umstände (wie z.B. besonderes Know-how oder familiäre Verbundenheit mit den anderen Gesellschaftern, Verzicht auf bzw. Stundung von Gehaltsansprüchen Gewährung von Bürgschaften) sind nach der zitierten Rechtsprechung für die Statusbeurteilung irrelevant (vgl. zum Gehaltsverzicht ergänzend Senat, Urteil v. 24.10.2018, L 8 R 617/17, juris; Senat, Urteil v. 19.10.2016, L 8 R 880/15, juris [Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen: BSG, Beschluss v. 18.9.2017, B 12 R 14/17 B, juris]; zur Bürgschaft BSG, Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 24 juris-Rdnr. 27; jeweils m.w.N.).
Für die Zeit ab dem 5.2.2013 ist entscheidungserheblich allein die Frage, wie § 7 GV 2009 auszulegen ist, insbesondere ob er die kraft § 6 des Gesellschaftsvertrages in der Fassung vom 15.1.2013 grundsätzlich gegebene Rechtsmacht der Klägerin, aufgrund des nunmehr bestehenden Mehrheitserfordernisses von 61 v.H. ihr nicht genehme Beschlüsse zu verhindern, relevant beschränkt hat. Das SG hat diese Frage zutreffend bejaht, indem es angenommen hat, dass der Beirat im Falle seiner Zuständigkeit, also wenn "Gesellschafterbeschlüsse nicht zustande kommen können", anstelle der Gesellschafterversammlung und damit verbindlich auch für die Geschäftsführer Entscheidungen trifft. Der Senat schließt sich dieser Auslegung aus folgenden Gründen an:
1. Schon der Wortlaut von § 7 GV 2009 spricht deutlich für die Auslegung des SG. Hingegen bietet er für das Verständnis der Klägerin, dem Beirat werde lediglich für den Fall einer erneuten Abstimmung eine Stimme (gegenüber 1.720 sonst in der Gesellschafterversammlung verteilten Stimmen) gegeben, wenig Anhalt.
a) Die Regelung geht in Satz 2 des ersten Absatzes von der Voraussetzung aus, dass Gesellschafterbeschlüsse nicht zustande kommen können. Sie ordnet für diesen Fall nicht etwa eine erneute Beschlussfassung an – dieses Mal unter Beteiligung des Beirates -, sondern stattdessen eine "Entscheidung" des Beirates. Das spricht dafür, dass die Beiratsentscheidung in diesem Fall an die Stelle des Beschlusses der Gesellschafterversammlung tritt, die sich – im Sinne einer echten Tatbestandsvoraussetzung – bereits als entscheidungsunfähig erwiesen haben muss.
b) Gegen dieses Auslegungsergebnis kann die Formulierung "mit einer Stimme" nicht erfolgreich eingewandt werden. Vom Wortlaut her ist ohne weiteres auch das Verständnis möglich, dass der Beirat am Ende seiner Beratungen eine "einstimmige" (im Sinne von "eindeutige") Entscheidung zu treffen hat, entsprechend dem Ziel der Konfliktlösung und ungeachtet der Mehrheitsverhältnisse, die dazu geführt haben.
2. Für dieses Verständnis sprechen auch die weiteren in § 7 GV 2009 getroffenen Vereinbarungen: Diese regeln ausführlich die Zusammensetzung, die Einberufung, die Beschlussfähigkeit und die Beschlussfassung des Beirates einschließlich der regelmäßig einzuhaltenden Ladungsfristen. Derart ausführliche Bestimmungen ergeben dann einen Sinn, wenn dem Beirat im Einzelfall weitreichende Entscheidungsbefugnisse zukommen. Dagegen bedürfte es ihrer kaum, wenn der Beirat anschließend bei der (erneuten) Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung ein Stimmengewicht von lediglich 0,06 v.H. der abgegebenen Stimmen haben sollte.
3. Vor allem sprechen der erkennbare Sinn und Zweck der Satzungsbestimmung unter Berücksichtigung der Entwicklung, die der Gesellschaftsvertrag seit 1979 genommen hat, für die Annahme einer eigenständigen Entscheidungsinstanz.
a) Die Klägerin hat auf Befragen in der mündlichen Verhandlung die Motive, die für die Installierung des Beirats bei Gründung der Gesellschaft ausschlaggebend waren, nachvollziehbar dargelegt. Danach haben die Gründungsgesellschafter einen Mechanismus zur Problemlösung für den Fall schaffen wollen, dass es einmal zu unterschiedlichen Auffassungen zwischen ihnen kam. Anhaltspunkte dafür, dass sich dieser Zweck der Beiratsklausel geändert hätte, insbesondere aus Anlass ihrer Neufassung durch § 7 GV 2009, hat auch die Klägerin nicht benennen können.
Ausgehend davon ist der Zweck der Einrichtung des Beirates als eines Instruments der Konfliktbeilegung in der Ursprungsfassung des GV deutlich zutage getreten. In dieser Fassung war klar festgelegt, dass nach zweimaligem erfolglosem Versuch, eine Mehrheit zu finden, der Beirat entscheiden sollte, dessen Entscheidung sich die Gesellschafter unterwarfen. Damit war klar, dass der Beirat anstelle der Gesellschafterversammlung entscheiden und nicht lediglich bei einer erneuten Beschlussfassung stimmberechtigt mitwirken sollte.
b) Es ist weder erkennbar noch vorgetragen worden, dass sich in der Folgezeit die Interessenlage der Gesellschafter dahingehend geändert hätte, den Beirat gesellschaftsvertraglich aus einem Entscheidungsgremium in ein lediglich (untergeordnetes) an der Willensbildung der Gesellschafterversammlung beteiligtes Gremium zu verwandeln.
aa) Nach wie vor bestand auch 2009 die Gefahr, dass in der Gesellschafterversammlung bei einer Abstimmung über mehrere in Betracht kommende Entscheidungsalternativen keine satzungsmäßige Mehrheit zu erzielen war (z.B. bei einem Stimmenverhältnis von 860:860). Für diesen Fall bot § 7 GV 2009 mit dem Beirat ein geeignetes Konfliktlösungsinstrument. Da dort nämlich fünf Stimmen vertreten gewesen wären (vier Gesellschafter zuzüglich des Steuerberaters) und nicht nach Gesellschaftsanteilen, sondern – in Ermangelung einer abweichenden Regelung – nach Kopfteilen abgestimmt worden wäre, wäre immer eine Mehrheit von 3:2 Stimmen und damit eine die Pattsituation in der Gesellschafterversammlung beseitigende Streitentscheidung möglich gewesen. Dagegen hätte eine Beteiligung des Beirates an einer erneuten Abstimmung mit lediglich einer Stimme in einer solchen Pattsituation wegen des Mehrheitserfordernisses von 60 v.H. nicht weitergeholfen.
bb) Dies gilt erst recht für die Zeit ab dem 5.2.2013, in der angesichts der Anhebung des Mehrheitserfordernisses auf 61 v.H. jeder der beiden mit einem Kapitalanteil von 40 bzw. 45 v.H. ausgestatteten Gesellschafter jede Entscheidung in der Gesellschafterversammlung blockieren konnte, ohne gleichzeitig in der Lage zu sein, eine Mehrheit für eine abweichende Beschlussfassung zustande zu bringen. Wieso in dieser Situation die Existenz des Beirates "obsolet" geworden sein soll, wie die Klägerin hat vortragen lassen, ist schon logisch nicht nachvollziehbar und von ihrem Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung auch auf mehrfache Nachfrage des Senates hin nicht plausibel erklärt worden.
4. Die Klägerin konnte nicht verhindern, dass im Streitfall der Beirat einberufen wurde und ihr gegen ihren Willen Weisungen erteilte.
a) Das Recht zur Einberufung des Beirats im Streitfall stand jedem Gesellschafter ungeachtet des Grades seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen zu. Wäre es zur Beschlussfassung des Beirates gekommen, hätte die Klägerin – bei Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit – nur eine von fünf Stimmen gehabt. Da entsprechend der o.a. Auslegung der Beirat aber anstelle der Gesellschafterversammlung entschieden hätte, wäre sie an diese Entscheidung in gleichem Maße gebunden gewesen wie an Beschlüsse der Gesellschafterversammlung.
b) Aus dem Umstand, dass der Beirat nie einberufen worden ist, kann die Klägerin nichts zu ihren Gunsten herleiten. Zumal angesichts des Umstandes, dass die Regelung über den Beirat aus Anlass ihres Eintritts in die Gesellschaft entsprechend dem o.g. Auslegungsergebnis neu gefasst worden ist, hätte sie der Einberufung des Beirats insbesondere nicht den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten können (vgl. OLG München, Urteil v. 9.8.2012, 23 U 4173/11, GmbHR 2012, 1075 ff.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.
Erstellt am: 29.08.2019
Zuletzt verändert am: 29.08.2019