I. Die Klage gegen den Bescheid vom 2. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 2009 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten vorliegend darüber, ob die Unterkunftskosten der Kläger unter Berücksichtigung einer zeitweisen Bedarfsgemeinschaft mit der Tochter der Klägerin zu 2 zu erhöhen sind.
Die 1970 geborenen Kläger standen ab 01.04.2008 bis 30.06.2009 im Leistungsbezug bei der Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung und Soziales im Wittelsbacher Land (AfBS). Zuvor wohnten sie im Landkreis P … Die Unterkunftskosten wurden von der AfBS zunächst nur in Höhe angemessener Unterkunftskosten für zwei Personen übernommen. Auf Widerspruch der Kläger erkannte sie mit Änderungsbescheid vom 24.03.2009 rückwirkend angemessene Unterkunftskosten für einen 3-Personenhaushalt an.
Nachdem der Kläger zu 1 am 23.04.2009 mitgeteilt hatte, dass er und seine Lebensgefährtin umziehen möchten, da in der jetzigen Wohnung Schimmelbefall vorhanden sei, übersandte die AfBS den Klägern ein Formblatt "Bestätigung der Unterkunftskosten" und wies sie darauf hin, dass diese Unterlagen vor Abschluss eines neuen Mietvertrages einzureichen seien.
Am 30.05.2009 schlossen die Kläger einen Mietvertrag über die Wohnung in der A-Straße in A-Stadt ab. Bei dieser Wohnung handelt es sich um eine 3-Zimmer-wohnung mit 82 m², für die eine Kaltmiete von 500 EUR zuzüglich Betriebskosten in Höhe von 50 EUR zu entrichten ist. Das Heizöl ist durch die Mieter selbst zu beschaffen und zu bezahlen.
Am 22.06.2009 beantragten sie unter Vorlage des Mietvertrags Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bei der Beklagten.
Diese teilte mit Schreiben vom 24.06.2009 mit, dass entgegen der Entscheidung der AfBS in Dillingen nicht der Bedarf für einen 3-Personenhaushalt übernommen werden könnte. Zwar gehe man auch von einer zeitweisen Bedarfsgemeinschaft aus, wenn das Kind sich tatsächlich in ihrer Unterkunft aufhalte. In diesem Fall und auch nur für die Zeit der tatsächlichen Anwesenheit könnten die Kosten der Unterkunft für einen 3-Personenhaushalt als Bedarf anerkannt werden. Allerdings gebe diese Lösung nicht den Klägern, sondern alleine dem Kind einen Anspruch auf die Leistung. Das bedeute, dass nur der das Sorgerecht tragende Elternteil einen Anspruch auf Übernahme der Leistungen für das Kind stellen könne.
Mit Bescheid vom 02.07.2009 bewilligte sie Leistungen nach dem SGB II ab 01.07.2009 bis 31.12.2009 unter Berücksichtigung angemessener Unterkunftskosten für einen 2-Per-sonenhaushalt (283 EUR Kaltmiete, 50 EUR Nebenkosten sowie Heizkosten bei Bedarf).
Mit Schreiben vom 14.07.2009 legten die Kläger Widerspruch gegen diesen Bescheid ein. Die Tochter benötige ein eigenes Zimmer. Die Unterkunftskosten könnten daher nicht auf einen 2-Personenhaushalt beschränkt werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Kläger zurück.
Dagegen wendet sich die am 31.08.2009 beim Sozialgericht eingegangene Klage.
Mit Klagebegründung vom 14.12.2009 beantragten die Kläger die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten unter Berücksichtigung der Angemessenheitsgrenze eines 3-Personenhaushalts. Es sei kaum zu bestreiten, dass die zeitweise Anwesenheit der Tochter einen weiteren Wohnungsbedarf auslöse. Aufgrund des Alters bedürfe diese während der Aufenthalte auch ihr eigenes – mit persönlichen Gegenständen eingerichtetes – Zimmer. Es sei auch zu bedenken, dass die Tochter während der Ferien auch längere Zeiträume in der Bedarfsgemeinschaft verbringe. Schließlich hätten sie auf die fernmündliche Auskunft vertraut, auch die Beklagte würde, wie zuvor die AfBS, die für einen 3-Per-sonenhaushalt angemessenen Kosten übernehmen.
Die Beklagte erwiderte unter dem 21.01.2010 und wies darauf hin, dass es zum Zeitpunkt der Mietvertragsunterzeichnung und im streitgegenständlichen Zeitraum geeignete Woh-
nungen im Landkreis gegeben habe, die den Angemessenheitskriterien der Beklagten entsprechen.
Beide Beteiligten beriefen sich in ihrer Begründung auf ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 17.06.2008.
Das Gericht wies die Kläger mit Schreiben vom 25.01.2010 darauf hin, dass die Auffassung der Beklagten zum Anspruch des Kindes geteilt werde. Schließlich hätten die Kläger bisher auch nicht dargelegt, dass sie sich um entsprechend günstigen Wohnraum überhaupt bemüht hätten.
Die Kläger erwiderten mit Schreiben vom 02.02.2010 und wiesen darauf hin, dass Unterkunftskosten der Kläger und nicht der Tochter geltend gemacht würden. Dabei müsse für die Tochter der Klägerin zu 2 zumindest ein zusätzlicher Wohnraum von 10 m² berücksichtigt werden.
Mit Schreiben vom 18.02.2010 wies die Beklagte auf die Wohnraumförderungsbestimmungen 2008 hin.
Das Gericht hat mit Beschluss vom 24.02.2010 den Klägern Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt B. beigeordnet.
Mit Schreiben vom 18.03.2010 ergänzen die Kläger, dass sie sich telefonisch auch um andere Objekte bemüht, jedoch lediglich Absagen erhalten hätten. Beim Umzug war darüber hinaus die besondere Eilbedürftigkeit zu beachten, da aufgrund des aufgetretenen Schimmels Gesundheitsgefährdung bestanden habe, was beim Kläger zu 1 bereits zu einem Magendurchbruch geführt habe. Sie führten weiter aus, in welchen Zeiträumen sich die Tochter der Klägerin zu 2 im Einzelnen bei ihnen aufgehalten habe.
Das Gericht hat die Streitsache am 25.03.2010 mündlich verhandelt.
In der mündlichen Verhandlung übergab die Beklagte Unterlagen über Wohnungsangebote im Landkreis und zur Berechnung der Unterkunftskosten.
In der mündlichen Verhandlung beantragen die Kläger,
die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheids vom 02.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.07.2009 den Klägern im Zeitraum vom 01.07.2009 bis 31.12.2009 die tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 500 EUR zuzüglich Betriebskosten in Höhe von 50 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Behördenakten der Beklagten und der AfBS verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die auf Berücksichtigung höherer Unterkunftskosten gerichtete Klage ist zulässig aber unbegründet. Die Kläger haben nach Überzeugung der Kammer im Zeitraum vom 01.07.2009 bis 31.12.2009 keinen Anspruch auf höhere Unterkunftskosten. Die Berücksichtigung einer Unterkunftspauschale durch die Beklagte in Höhe von 283 EUR zuzüglich Nebenkosten in Höhe von 50 EUR im Bescheid vom 02.07.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
Gemäß § 22 Abs. 1 SGB II werden die Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des Hilfebedürftigen nur solange zu berücksichtigen, wie es dem Hilfebedürftigen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Diese Prüfung vollzieht sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in mehreren Schritten. Nach der in einem ersten Schritt vorzunehmenden Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards ist in einem zweiten Schritt festzustellen, welcher räumliche Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der Angemessenheit maßgebend ist. Sodann ist zu ermitteln, wie viel für eine abstrakt angemessene Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt im streitgegenständlichen Zeitraum aufzuwenden gewesen ist (Ermittlung der Angemessenheitsgrenze aufgrund eines schlüssigen Konzepts des Grundsicherungsträgers). Abschließend ist zu prüfen, ob der Hilfesuchende eine solche abstrakt angemessene Wohnung auch tatsächlich hätte anbieten können, ob also eine konkrete Unterkunftsalternative bestanden hat (BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS10/06).
Dabei hat die Beklagte zutreffend zur Bestimmung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten eine angemessene Wohnfläche von 65 m² herangezogen. Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich in Ermangelung anderweitiger Erkenntnisquellen grundsätzlich nach den Werten, die die Länder aufgrund § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) vom 13.09.2001 (BGBl. I 2376) bzw. aufgrund des § 5 Abs. 2 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Förderung des sozialen Wohnungsbaues (Wohnungsbauförderungsgesetz) festgelegt haben. Diese liegt in Bayern bei einem 2-Personenhaushalt bei 65 m² (Nr. 20.2 der Wohnraumförderungsbestimmungen 2008, AllBl Nr. 14/207, 760).
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erhöhung der angemessenen Wohnfläche wegen der besuchsweisen Aufenthalte der Tochter der Klägerin zu 2 im Rahmen der Wahrnehmung des Umgangsrechts.
Dass auch im vorliegenden Fall während der Aufenthalte der Tochter der Klägerin zu 2 eine temporäre Bedarfsgemeinschaft zwischen ihr und der Klägerin zu 2 besteht, ist vorliegend zwischen den Beteiligten nicht strittig. Der Umfang ergibt sich aus den von den Klägern mit Schreiben vom 18.03.2010 mitgeteilten Aufenthalten im streitgegenständlichen Zeitraum (14-tägig am Wochenende bzw. anteilige Ferienaufenthalte). Es handelt sich danach um Aufenthalte von einer gewissen Regelmäßigkeit im Umfang von jeweils länger als einen Tag, die nach der Rechtsprechung des BSG die Annahme einer temporären Bedarfsgemeinschaft während dieser Aufenthalte rechtfertigen.
Ob und in welchem Umfang eine temporäre Bedarfsgemeinschaft auch im Bereich der Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen ist, ist bislang nicht höchstrichterlich entschieden; das Problem wurde vom BSG in seinem Urteil vom 02.07.2009 (B 14 AS 36/08 R) nur angedeutet und wird in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung auch nicht einheitlich beurteilt. So hat aktuell das Sozialgericht Fulda entschieden, dass jedenfalls in den Fällen, in denen die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem getrennt lebenden Elternteil und seinen Kindern durch regelmäßige Aufenthalte der Kinder bei diesem Elternteil aufrecht erhalten werden, sichergestellt werden muss, dass auch ein entsprechender Wohn- und Lebensraum zur Verfügung steht, innerhalb dessen dies möglich ist (Urteil vom 27.01.2010 – S 10 AS 53/09 mit Hinweisen auf die bis dahin ergangene Rechtsprechung). Das SG Fulda geht in diesem Fall davon aus, dass es sich bei dem erhöhten Wohnflächenbedarf auch um einen Anspruch des sorgeberechtigten Elternteils handelt, weil dieser den zusätzlichen Wohnflächenbedarf nicht nur für die Zeiten des Aufenthalts, sondern ständig vorhalten muss. Es hat weiter festgestellt, dass jedenfalls bei einem zeitlichen Umfang von regelmäßig zumindest zwei Wochenenden im Monat für jedes Kind der hälftige zusätzliche Wohnflächenbedarf zu berücksichtigen sei.
Diese Auffassung wird von der erkennenden Kammer jedenfalls hinsichtlich der Anspruchsberechtigung nicht geteilt. Denn es ist mit dem BSG davon auszugehen, dass auch in Fällen, in denen Kinder getrennt lebender Eltern das Umgangsrecht bei einem Elternteil wahrnehmen, jedes Mitglied einer (auch zeitweiligen) Bedarfsgemeinschaft gegebenenfalls einen eigenen Leistungsanspruch nach dem SGB II hat (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.06.2008 – L 20 B 125/07 AS ER). Insoweit ist nicht danach zu unterscheiden, ob – wie hier – Kosten der Unterkunft und Heizung beansprucht oder etwa höhere Regelleistungen geltend gemacht werden.
Die von den Klägern zitierte gegenteilige Auffassung des SG Fulda verkennt dabei nach Überzeugung der Kammer, dass die Frage der Anspruchsberechtigung nicht abhängig gemacht werden kann von der Beurteilung des Umfangs des aus der temporären Bedarfsgemeinschaft resultierenden erhöhten Unterkunftsbedarfs. Es ist rechtlich nicht überzeugend, wenn die Anspruchsberechtigung deshalb bei dem sorgeberechtigten Elternteil gesehen wird, weil das Kind aus der Regelung über die temporäre Bedarfsgemeinschaft nur einen Anspruch auf anteilige Übernahme der erhöhten Unterkunftskosten für die Dauer der Aufenthalte hätte. Denn dies ist eine Schlussfolgerung die, wie viele Fragen im Zusammenhang mit der temporären Bedarfsgemeinschaft, weder zwingend noch schlüssig ist oder gar als zwangsläufige Rechtsfolge bei der Frage der Beurteilung der Anspruchsberechtigung vorausgesetzt werden könnte. Nach Überzeugung der Kammer wäre es wesentlich sachgerechter, im Rahmen des dem Kind zustehenden Anspruchs zu prüfen, ob dem aus der Wahrnehmung des Umgangsrechts resultierenden Anspruch damit Genüge getan wird, wenn tatsächlich die Unterkunftskosten nur anteilig für die Besuchsaufenthalte übernommen werden.
Für die hier vertretene Auffassung sprechen auch folgende Überlegungen:
Es ist nach der Rechtsprechung des BSG anerkannt, dass jedes Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft nicht nur einen eigenen Anspruch auf Sicherung seines Lebensunterhalts, sondern auch auf Übernahme der anteilig auf ihn entfallenden Unterkunftskosten hat (so genannte Aufteilung nach "Kopfzahl" unabhängig von Alter oder Nutzungsintensität und sogar unabhängig von der Annahme einer Bedarfsgemeinschaft; BSG, Urteil vom 23.11.2006 – B 11b AS 1/06 R). Das BSG hat an dieser Auffassung in späteren Entscheidungen sogar für den Fall festgehalten, dass ein Kind im Haushalt lebt, das etwa aufgrund einer grundsätzlichen BAföG-Berechtigung selbst von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist (Urteil vom 27.02.2008 – B 14/11b AS 55/06 R). Auch in diesem Fall können die mit ihrem Kind in der Wohnung lebenden Eltern nur die auf sie entfallenden Unterkunftsanteile geltend machen, und zwar unabhängig davon, ob das Kind selbst in der Lage ist, seinen Anteil aus seinen Einkünften zu bestreiten. Es wäre eine systemische Durchbrechung dieses Grundsatzes, würde man im Falle einer temporären Bedarfsgemeinschaft den Unterkunftsanteil des Kindes einem Elternteil zurechnen.
Schließlich ist auch nur bei einer konsequenten Trennung der einzelnen Ansprüche möglich, die Hilfebedürftigkeit der einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, hier der Tochter der Klägerin zu 2 zu überprüfen. Denn es wäre mit den Vorschriften des SGB II über die Voraussetzungen der Hilfebedürftigkeit (§ 9 SGB II) unvereinbar, würde über eine Zurechnung des Unterkunftsanteils beim sorgeberechtigten Elternteil ein Kind Leistungen nach dem SGB II erhalten, das selbst nicht bedürftig ist, weil es über ausreichend Einkommen und Vermögen verfügt, um diesen Unterkunftsbedarf zu decken.
Auch ein etwaiger Anspruch auf Übernahme von Unterkunftskosten im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangsrechtes könnte daher bereits dem Grunde nach nicht von den Klägern geltend gemacht werden. Es handelt sich um einen Anspruch der Tochter der Klägerin zu 2 entsprechend den vom BSG entwickelten Grundsätzen zur so genannten "temporären Bedarfsgemeinschaft" (BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 14/06).
Ansprüche der Tochter der Klägerin zu 2 sind aber ausdrücklich von den Klägern nicht beantragt. Diese könnten mangels Prozessführungsbefugnis auch nicht von der Klägerin zu 2 gerichtlich geltend gemacht werden. Denn auch bei gemeinsamer Ausübung des Sorgerechts getrennt lebender Eltern besteht im sozialgerichtlichen Verfahren kein Alleinvertretungsrecht des umgangsberechtigten Elternteils. Bei fehlendem Einvernehmen über die Prozessführung – wie vorliegend – ist ein Antrag beim Familiengericht auf Übertragung der Entscheidung zu stellen. Dies gilt ausdrücklich auch dann, wenn Leistungen im Rahmen der Wahrnehmung des Umgangsrechts geltend gemacht werden (BSG, Urteil vom 02.07.2009 – B 14 AS 54/08 R).
Es wird von der Kammer nicht verkannt, dass in Konsequenz der hier vertretenen Auffassung die Ausübung des Umgangsrechts für die Klägerin zu 2 erschwert wird. Es ist aber nicht Aufgabe des SGB II, bis in jede Einzelheit für eine Verteilung der für das Existenzminimum der einzelnen Personen notwendigen Gelder zwischen allen Beteiligten zu sorgen. Der Gesetzgeber darf vielmehr typisierend davon ausgehen, dass Zuordnungspro-bleme innerhalb familienhafter Beziehungen von den betroffenen Personen im Rahmen bestehender Bedarfsgemeinschaften gemeistert werden. Dabei darf er auch den gegenseitigen Willen, füreinander einzustehen, voraussetzen, der über bestehende Unterhaltspflichten hinausgeht. Dies gilt insbesondere bei fortbestehenden Sorgerechtsbeziehungen zwischen geschiedenen bzw. getrennt lebenden Eltern. Gegebenenfalls müssen auch die Kinder mit Teilen ihres Einkommens zur Versorgung in der Bedarfsgemeinschaft beitragen (BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 14/06).
Jedenfalls wird auch in Konsequenz dieser Auffassung das Umgangsrecht nicht völlig vereitelt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch in den von der Rechtsprechung bisher zu Gunsten des umgangsberechtigten Elternteils ergangenen Entscheidungen nicht die Auffassung vertreten worden ist, dass aus der Wahrnehmung des Umgangsrechts ohne Weiteres eine Erhöhung der zustehenden Wohnfläche um die Zahl der Kinder resultieren müsste. So hat etwa das SG Fulda (a.a.O.) sich für eine hälftige Berücksichtigung des zusätzlichen Wohnbedarfs ausgesprochen; andere Gerichte haben Zuschläge auf die landesrechtlichen Vorgaben vorgenommen (LSG Nordrhein-Westfalen vom 17.06.2008 – a.a.O. -: Erhöhung der landesrechtlichen Vorgabe von 45 m² für eine Person auf 50 m² für Elternteil und Kind). Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass die berücksichtigungsfähigen Wohnflächen nach bayerischem Landesrecht vergleichsweise großzügig sind. So beträgt die angemessene Wohnfläche in Bayern für einen 2-Personenhaushalt in einer 2-Zimmerwohnung 55 m² Wohnfläche, in einer 3-Zimmerwohnung 65 m² (Wohnraumförderungsbestimmungen 2008, a.a.O., 20.2). Das bedeutet, dass bei der Bemessung der den Klägern zustehenden Wohnungsgröße von vorliegend 65 m² bereits von einer 3-Zimmer-wohnung ausgegangen wird, die auch ohne die Erhöhung der zustehenden Wohnfläche
die Wahrnehmung des Umgangsrechts und die Schaffung einer Rückzugsmöglichkeit für das Kind ermöglicht.
Selbst wenn also vorliegend zu Gunsten der Kläger von einer Anspruchsberechtigung der Klägerin zu 2 ausgegangen würde, würde hieraus nicht automatisch eine Erhöhung des Wohnbedarfs resultieren. Allerdings kommt es aus den oben genannten Gründen im Rahmen der hier zu treffenden Entscheidung hierauf nicht mehr entscheidend an.
Auch die Bemessung der Angemessenheitsgrenze im Übrigen begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Es wird eingeräumt, dass die Beklagte der aus den Urteilen des BSG vom 17.12.2009 resultierenden Darlegungspflicht hinsichtlich ihres Unterkunftskonzepts noch nicht vollständig nachgekommen ist. Da der Kammer aber aus früheren Verfahren bekannt ist, dass tatsächlich auch Wohnungen zu den Angemessenheitsgrenzen der Beklagten regelmäßig in ausreichender Zahl verfügbar sind, erscheint es im Rahmen der vorliegenden Entscheidung vertretbar, bis zu einer vollständigen Dokumentation weiter von den bisherigen Angemessenheitsgrenzen auszugehen, zumal die Kläger ausdrücklich eine Entscheidung in der Sache beantragt haben und daher auch grundsätzlich bereit waren, diese Frage bis zur Klärung der übrigen Rechtsfragen durch das Berufungsgericht zurückzustellen.
Die Beklagte war daher im Ergebnis nur zur Übernahme von Unterkunftskosten in Höhe von 283 EUR zuzüglich Betriebskosten in Höhe von 50 EUR verpflichtet.
Die Kläger können sich hinsichtlich der Übernahme darüber hinausgehender Unterkunftskosten auch nicht auf eine Zusicherung oder die anderweitige Praxis des bisherigen Leistungsträgers (AfBS) berufen. Eine Zusicherung, die den Anforderungen des § 34 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) genügen würde, liegt zweifellos nicht vor. Der Kläger zu 1 konnte in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr sagen, wann und mit wem er über die Höhe der anerkennungsfähigen Unterkunftskosten gesprochen hat. Es wäre aber nach den Regelungen über die materielle Beweislast Sache der Kläger, zunächst einen Sachverhalt vorzutragen, aus dem überhaupt auf eine entsprechende Zusicherung geschlossen werden kann.
An die Übernahme der Kosten für einen 3-Personenhaushalt durch die AfBS ist die Beklagte ebenfalls nicht gebunden. Dies resultiert bereits daraus, dass die Zuständigkeit für die Übernahme von Unterkunftskosten nicht zentral bei der Bundesagentur für Arbeit, sondern dem jeweiligen kommunalen Träger liegt (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 22 SGB II). Die Kläger können sich daher auch nicht auf eine einheitliche Verwaltungspraxis berufen. Vorliegend kommt hinzu, dass die Beurteilung der Fragen im Zusammenhang mit der so genannten temporären Bedarfsgemeinschaft nicht nur von einzelnen Leistungsträgern unterschiedlich gesehen wird, sondern auch von den zuständigen Gerichten. In dieser Situation können die Kläger erkennbar keinen Vertrauensschutz geltend machen.
Die Kläger haben auch keinen Anspruch darauf, dass für einen Zeitraum von sechs Monaten vorübergehend die unangemessenen Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe übernommen werden. Denn schutzbedürftig sind danach nur diejenigen, die entweder bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit bereits in einer unangemessenen Wohnung leben bzw. diejenigen, bei denen die Unterkunftskosten während des Leistungsbezugs, etwa durch Mieterhöhung, unangemessen werden. Bezieht jemand während eines laufenden Leistungsbezugs eine unangemessen teure Wohnung, hat er von vornherein nur Anspruch auf Übernahme der Miete in Höhe angemessener Unterkunftskosten. Dies war den Klägern vorliegend auch aus ihrem früheren Leistungsbezug bei der AfBS bereits bekannt.
Lediglich ergänzend wird noch darauf hingewiesen, dass die Kläger, sollte es hierauf ankommen, jedenfalls auch keine ausreichenden Umzugsbemühungen bzw. Bemühungen um eine den Angemessenheitsgrenzen der Beklagten entsprechende Unterkunft dargelegt haben. Insbesondere kann dabei die der Anmietung einer Wohnung zweifellos im Wege stehende Hundehaltung durch die Kläger keine rechtliche Berücksichtigung finden. Dies rechtfertigt weder Einschränkungen bei der Wohnungssuche noch eine längere Suchfrist. Aus den oben genannten Gründen kommt es hierauf aber ebenfalls nicht mehr entscheidend an.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 193 SGG abzuweisen.
Zwar wird mit der geltend gemachten Summe die Berufungssumme von 750 EUR nicht erreicht. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung und höchstrichterlich ungeklärten Rechtslage war aber gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Berufung zuzulassen.
Erstellt am: 31.03.2010
Zuletzt verändert am: 31.03.2010