L 20 B 163/08 SO
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 30.10.2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Das Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Streitig ist die Verpflichtung des Antragsgegners, der Antragstellerin zu gestatten, ihre Tätigkeit in einer Werkstatt für Behinderte (WfB) statt in Vollzeit zukünftig halbtags auszuüben.
Die 1969 geborene Antragstellerin leidet an einer infantilen Cerebralparese mit spastischer Diplegie und ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Sie erhält Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III. Das zuständige Versorgungsamt hat einen Grad der Behinderung von 100 sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen u.a. für die Merkzeichen H, Rf und aG festgestellt. Die Antragstellerin ist seit dem 01.03.1995 im Arbeitsbereich der Werkstätten der Arbeiterwohlfahrt GmbH E, M 00, beschäftigt (Abteilung Montage in der manuellen Schraubenverpackung). Der Antragsgegner erbringt als überörtlicher Träger der Sozialhilfe Leistungen der Eingliederungshilfe.
Die Werkstätten der Arbeiterwohlfahrt E GmbH (AWO) leitete mit Schreiben vom 21.09.2004 ein Attest des die Antragstellerin behandelnden Allgemeinmediziners Dr. L aus E auf Bitten der Antragstellerin an den Antragsgegner weiter. In dem Attest vom 06.09.2004 ist ausgeführt, rezidivierende Schmerzattacken im Bereich der Wirbelsäule seien auf die berufliche Tätigkeit und eine Überlastung der Rückenmuskulatur zurückzuführen. Der Antragstellerin sei zur Vermeidung einer völligen Arbeitsunfähigkeit geraten worden, nur noch eine halbtätige Beschäftigung auszuüben. Die AWO verneinte ihrerseits die Notwendigkeit einer Halbtagsbeschäftigung. Die erforderlichen Ruhezeiten und Lageveränderungen könnten auch innerhalb der Arbeitszeit in der Werkstatt erfolgen.
Der daraufhin vom Antragsgegner eingeschaltete Landesarzt für Körperbehinderte bat Dr. L darzulegen, wie sich die Problematik im letzten Jahr entwickelt habe, sowie die Übersendung ggf. vorhandener Röntgenbilder und/oder orthopädischer Befunde. Eine Reaktion seitens Dr. L blieb aus.
In einem vom Antragsgegner angeforderten Entwicklungsbericht vom 14.03.2006 berichtet die AWO von behinderungsbedingten Schmerzattacken im Rückenbereich sowie daraus resultierenden Krankheits- und Fehlzeiten. Die Beantragung eines speziellen Rollstuhls sei beabsichtigt. Dieser solle gewährleisten, dass die erforderliche Ruhehaltung eingenommen werden könne. Der ebenfalls vom Antragsgegner ("in meiner Eigenschaft als Mitglied des Fachausschusses der Werkstatt für behinderte Menschen") befragte amtsärztliche Dienst des Gesundheitsamtes der Stadt E bestätigte das Erfordernis von Ruhezeiten und Lageveränderung am Arbeitsplatz sowie eines Pflegestuhls. Eine Verkürzung der Arbeitszeit hielt er nicht für erforderlich.
Mit Schreiben vom 21.11.2006 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin unter Verweis die Ausführungen des amtsärztlichen Dienstes mit, dem Antrag auf Teilzeitbeschäftigung könne nicht zugestimmt werden.
Zur Begründung ihres Widerspruchs verwies die Antragstellerin auf Atteste des Dr. L sowie eine Bescheinigung ihrer Physiotherapeuten. In einem Attest des Dr. L vom 15.01.2007 ist u.a. ausgeführt, die Reduzierung der täglichen Arbeitszeit reduziere die Beschwerden eher als die empfohlene Versorgung mit einem Pflegerollstuhl.
Mit Schreiben vom 15.03.2007 half der Antragsgegner dem Widerspruch insoweit ab, als einer Teilzeitbeschäftigung für die Dauer eines Jahres zugestimmt wurde. Die Zustimmung wurde mit der Auflage verbunden, sich zwecks Neuversorgung mit einem Pflegerollstuhl an die Pflegekasse zu wenden.
Den aufrecht erhaltenen Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2008 zurück. Zur Begründung wurde auf die amtsärztliche Stellungnahme Bezug genommen und darauf hingewiesen, dass der empfohlene Pflegerollstuhl sicherstellen solle, dass die erforderlichen Ruhezeiten und Lageveränderungen eingehalten werden könnten.
Ab dem 01.04.2007 wurde die Arbeitszeit für die Dauer eines Jahres auf 25 Wochenstunden an fünf Arbeitstagen verkürzt.
Gegen den ihr am 20.02.2008 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Antragstellerin am 19.03.2008 Klage beim Sozialgericht Dortmund erhoben. Am 24.07.2008 hat sie zudem den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Ausübung der Tätigkeit in der WfB würde zu einem "kaum wieder gutzumachenden" Schaden an ihrer Gesundheit führen. Die Stellungnahme des Dr. L belege die Notwendigkeit der Arbeitszeitverkürzung. Mit Schreiben vom 16.09.2008 hat sie ergänzend vorgetragen, ohne Krankengymnastik würde sich ihre Gesundheitszustand verschlechtern. Diese werde bei einer ganztägigen Tätigkeit während der Arbeitszeit ausgeführt. Sie werde auf Kosten der Krankenkasse zur Krankengymnastik gefahren und wieder zurück zur Arbeit. Während der Halbtagsbeschäftigung sei es ihr gesundheitlich besser gegangen. Die Antragstellerin habe neben der therapeutischen Besonderheit der Arbeit auch arbeitsrechtlich einen Anspruch darauf, als Teilzeitkraft zu arbeiten. Es sprächen alle Gründe dafür, dass ein Anspruch auf Teilzeit bestehe.
Mit Beschluss vom 30.10.2008 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und das diesbezügliche Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht worden. Die Gefahr einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes sei nicht dergestalt konkretisiert worden, dass ein gerichtliches Eingreifen unerlässlich erscheine. Es sei dem Gericht im Übrigen nicht nahezubringen, dass der empfohlene Pflegerollstuhl offenbar noch nicht angeschafft worden sei. Die Antragstellerin habe die vorhandenen Selbsthilfemöglichkeiten auch diesbezüglich auszuschöpfen.
Gegen den ihr am 03.11.2008 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 26.11.2008. Sie bemängelt, dass das Sozialgericht vor Erlass des Beschlusses hätte Gelegenheit geben müssen, ihr Vorbringen hinsichtlich der Verschlechterung des Gesundheitszustandes sowie der Ungeeignetheit eines Pflegerollstuhles zu konkretisieren. Das Sozialgericht sei seinen Hinweispflichten nicht gerecht geworden. Die Krankheit verlaufe progressiv. Ärztliche Stellungnahmen könnten belegen, dass die Antragstellerin krankheitsbedingt ihrer Arbeit nicht nachgehen könne. Ein Pflegerollstuhl komme nicht in Betracht, da ein solcher der Antragstellerin eine selbständige Gestaltung des Lebens nicht ermögliche. Für das Umsetzen benötige sie idealerweise die Hilfe von zwei Personen. Sie wolle zur Erfüllung ihrer Arbeit ihr selbständiges Leben nicht aufgeben. Es sei eine medizinische Begutachtung schon im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geboten. Auf Hinweis des Senats, dass die Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und -grund der Antragstellerin obliege, hat diese ein weiteres Attest des Dr. L vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, seit April 2008 sei es zu 32 krankheitsbedingten Fehltagen gekommen. Die alleinige Lagerung in einem Pflegerollstuhl sei nicht geeignet, der zunehmenden Beschwerdesymptomatik abzuhelfen. Eine langfristige Arbeitszeitverkürzung sei erforderlich, um weitere Arbeitsunfähigkeitszeiten zu vermeiden. Eine durch Arbeitsüberlastung bedingte Verschlechterung des Allgemeinzustandes müsse verhindert werden.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 30.10.2008 abzuändern und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin zu gestatten, ihre Tätigkeit als Halbtagstätigkeit auszuüben.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin hält den erstinstanzlichen Beschluss für zutreffend und verweist auf die angefochtenen Bescheide. Es könne im Übrigen nicht nachvollzogen werden, aus welchen Gründen die Antragstellerin bei Benutzung eines Pflegerollstuhles nicht mehr in der Lage sei, ein selbständiges Leben zu führen. Im Übrigen betreffe die Reduzierung der Arbeitszeit in erster Linie das Arbeitsverhältnis.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners sowie der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen (Regelungs-) Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die (summarische) Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Klärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05 = BVerfG NVwZ 2005, 927).
Die Antragstellerin hat auch weiterhin einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Insoweit wird zunächst auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss verwiesen. Auch das im Beschwerdeverfahren vorgelegte (weitere) Attest des Dr. L macht eine besondere, die Hauptsache zumindest teilweise vorwegnehmende Entscheidung in einem Eilverfahren rechtfertigende Eilbedürftigkeit weiterhin nicht nachvollziehbar. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin – ihrem eigenen Vortrag folgend – schon an drei der fünf Arbeitstage nicht in Vollzeit tätig ist, weil sie – während der Arbeitszeit – die erforderliche Krankengymnastik in der zu diesem Zwecke aufzusuchenden Praxis für Physiotherapie absolviert. Im Übrigen bestätigt die AWO, dass während der Arbeitszeit die erforderlichen Ruhepausen sowie die Lageveränderung gewährleistet werden können. Insoweit ist zu erwarten, dass sich die Erforderlichkeit nach dem Gesundheitszustand und dem Befinden der Antragstellerin richtet (vgl. auch die Verpflichtung aus § 5 Abs. 2 Satz 2 der Werkstättenverordnung (WVO) vom 13.08.1980 – BGBl. I S. 1365), zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetz vom 22.12.2008 – BGBl. I, S. 2959). Dabei zählen die Erholungspausen zur Arbeitszeit (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 WVO).
Ferner steht der Antragstellerin – weiterhin – die Möglichkeit offen, die Versorgung mit einem – sowohl von Seiten der AWO als auch des Gesundheitsamtes empfohlenen – Pflegerollstuhl zu betreiben. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass es nicht nachvollziehbar ist, dass die Antragstellerin die Zeit der auf ein Jahr befristeten Teilzeitbeschäftigung nach Aktenlage nicht entsprechend genutzt hat. Die Ausführungen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens, die Antragstellerin wäre durch die Inanspruchnahme gezwungen, ihre Selbständigkeit aufzugeben, ist nicht nachvollziehbar. Bei Beschränkung der Nutzung des Pflegerollstuhles auf die Zeiten der Beschäftigung bei der AWO dürfte allenfalls ein zweimaliges Umsetzen erforderlich sein. Insoweit hält der Senat die Inanspruchnahme von Hilfe für zumutbar. Darüber hinaus dürfte auch die engmaschige medizinische Betreuung der Antragstellerin hinreichend sicherstellen, dass die befürchtete dauerhafte Einschränkung der Arbeitsfähigkeit jedenfalls kurzfristig nicht einzutreten vermag.
Nach alledem erscheint es zumutbar, die Antragstellerin hinsichtlich der Klärung der bisher zwischen den Beteiligten thematisierten (medizinischen) Fragen auf das bereits anhängige Hauptsacheverfahren zu verweisen. Dabei kann letztlich dahinstehen, ob eine Verpflichtung zur Arbeitsleistung ohnehin nicht besteht, so dass auch eine (zeitliche) Minderleistung zumindest kurzfristig ohne jede Konsequenz bliebe (vgl. hierzu Schorn in Müller-Wenner, SGB IX Teil 2, 1. Auflage 2003, § 138 Rn. 9 sowie zur Möglichkeit der Kündigung des Werkstattvertrages erst nach Rücknahme des Kostenanerkenntnisses des zuständigen Rehabilitationsträgers im Fachausschuss der Werkstatt für behinderte Menschen, § 137 Rn. 11).
Im Hauptsacheverfahren wird allerdings zunächst zu klären sein, inwieweit der begehrten (Vorab-) Zustimmung überhaupt rechtliche Bedeutung im Zusammenhang mit der Reduzierung der Arbeitszeit zukommen kann. Dies erscheint unter Berücksichtigung der nachfolgenden Erwägungen, die letztlich sowohl Anordnungsgrund als auch –anspruch betreffen, fraglich.
Denn die Frage, ob der Antragstellerin eine Teilzeitbeschäftigung zu ermöglichen ist, dürfte in erster Linie das Verhältnis der Antragstellerin zum Träger der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM), also der AWO, betreffen. Dies ergibt sich aus der Vorschrift des § 138 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX), nach der behinderte Menschen im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten, wenn sie nicht (ohnehin) Arbeitnehmer sind, zu den Werkstätten in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis stehen, soweit sich aus dem zu Grunde liegen dem Sozialleistungsverhältnis nichts anderes ergibt.
Unabhängig von der grundsätzlich vorzunehmenden, ggf. dem Hauptacheverfahren vorbehaltenen Differenzierung zwischen behinderten Mitarbeitern (WfbM), die Arbeitnehmer sind, und solchen in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis, ist das Rechtsverhältnis zwischen dem Träger der WfbM und dem behinderten Menschen als privatrechtliches Rechtsverhältnis zu qualifizieren (vgl. etwa Grimm, Die Rechtsverhältnisse im Werkstattbereich unter Berücksichtigung des Vergaberechts, ZfS 2007,193, 207; Pahlen in Neumann, Pahlen, Majerski-Pahlen, SGB IX, 11. Auflage 2005, § 138 Rn. 18).
Der Inhalt des – im Fall der Antragsteller in nahe liegenden – arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses wird unter Berücksichtigung des zwischen dem behinderten Menschen und dem Rehabilitationsträger bestehenden Sozialleistungsverhältnisses durch Werkstattverträge zwischen dem behinderten Menschen und dem Träger der Werkstatt näher geregelt (§ 138 Abs. 3 SGB IX). Zwar ist im SGB IX nicht ausdrücklich bestimmt, welche arbeitsrechtlichen Vorschriften und Grundsätze auf das arbeitnehmerähnliche Rechtsverhältnis anzuwenden sind. Die im Arbeitsbereich beschäftigten behinderten Menschen sollen in erster Linie in den Genuss arbeitsrechtlicher Vorschriften und Grundsätze gelangen können (vgl. Pahlen, a.a.O., Rn. 14). Die gemäß § 13 Abs. 1 WVO in schriftlicher Form zwischen dem behinderten Menschen und der WfbM abzuschließenden Werkstattverträge – es besteht insoweit ein Anspruch des behinderten Menschen (vgl. Pahlen, a.a.O., Rn. 5; Schorn in Müller-Wenner, SGB IX Teil 2, 1. Auflage 2003, § 138 Rn. 27) – regeln das arbeitnehmerähnliche Rechtsverhältnis zwischen der Werkstatt und dem behinderten Menschen näher. Aus der Formulierung des § 13 Abs. 2 WVO ("auch") ergibt sich, dass nicht lediglich Regelungen über die Zahlung des Arbeitsentgelts Gegenstand des Werkstattvertrages sind. Vielmehr dürften zu den zu treffenden Regelungen auch vertragliche Vereinbarungen zu Beschäftigungszeiten/Teilzeitbeschäftigung zählen (vgl. auch Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe (Werkstattempfehlungen (WE/BAGüS), Stand: 1.Januar 2005 mit redaktionellen Anpassungen Stand: 1. Januar 2008).
Unabhängig von einer diesbezüglichen vertraglichen Regelung sind hinsichtlich der Beschäftigungszeit die Vorgaben des § 6 WVO zu beachten. Nach dessen Abs. 1 S. 1 hat die Werkstatt sicherzustellen, dass die behinderten Menschen Bildung-und Arbeitsbereich wenigstens 35 und höchstens 40 Stunden wöchentlich beschäftigt werden können. Ein Anspruch auf eine verminderte Beschäftigungszeit kann sich zum einen aber aus § 6 Abs. 2 WVO ergeben, wonach einzelnen behinderten Menschen eine kürzere Beschäftigungszeit zu ermöglichen ist, wenn es wegen Art oder Schwere der Behinderung oder zur Erfüllung des Erziehungsauftrages notwendig erscheint. Zum anderen kommt als Anspruchsgrundlage auch das Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz – TzBfG) in Betracht (vgl. auch Schorn, a.a.O., § 136 Rn. 11; Pahlen, a.a.O., § 6 WVO Rn. 4), das auch in einem zur WfbM bestehenden arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis gilt (vgl. Cramer, Werkstätten für Behinderte, 3. Auflage 2002, § 3 Rn. 7). Der Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung besteht nach alledem im Verhältnis zum Träger der Werkstatt für behinderte Menschen und nicht (unmittelbar) gegenüber dem Antragsgegner als für die Eingliederungshilfe zuständigen Rehabilitationsträger.
Nach Aktenlage hat die AWO einer Teilzeitbeschäftigung der Antragstellerin widersprochen. Ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung dürfte zunächst privatrechtlich gegenüber der AWO durchzusetzen sein. Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen behinderten Menschen im Arbeitsbereich von Werkstätten für behinderte Menschen und den Trägern der Werkstätten aus den in § 138 SGB IX geregelten arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnissen sind gemäß § 2 Nr. 10 Arbeitsgerichtsgesetz vor den Gerichten für Arbeitssachen auszutragen.
In Anbetracht der fehlenden Bereitschaft der AWO, die Antragstellerin in Teilzeit zu beschäftigen, kann letztlich im vorliegenden Eilverfahren dahinstehen, ob die Antragsgegnerin verpflichtet wäre, einer solchen Vereinbarung zuzustimmen. Unter der Prämisse, dass das arbeitnehmerähnliche Rechtsverhältnis – bei Annahme der Arbeitnehmereigenschaft der Antragstellerin wäre schon ein Werkstattvertrag nicht abzuschließen – in einem Werkstattvertrag geregelt wird, ergibt sich aus der WVO ein Zustimmungserfordernis – anders als nach der zuvor geltenden Vorschrift des § 13 Abs. 1 S. 2 der Dritten Verordnung zur Durchführung des Schwerbehindertengesetzes (Werkstättenverordnung) – nicht. Die nunmehr normierte Pflicht zur Unterrichtung der zuständigen Rehabilitationsträger (§ 13 Abs. 1 S. 2 WVO) konstituiert keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Abschluss des Werkstattvertrages (vgl. Pahlen, a.a.O., § 13 Rn. 4). Der auch in den WE/BAGüS vorgesehenen Zustimmung dürfte in erster Linie Bedeutung für das Verhältnis von Rehabilitationsträger und Träger der WfbM zukommen. Denn nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/5074, S. 129) soll die Pflicht zur Unterrichtung dem Rehabilitationsträger ermöglichen, die beabsichtigten Vereinbarungen (Werkstattverträge) zwischen der Werkstatt (Träger) und den behinderten Menschen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Leistungsrecht, auf die mit der Einrichtung getroffenen Vergütungsvereinbarungen und die finanziellen Auswirkungen zu überprüfen.
Bei Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen wird regelmäßig eine besondere Vergütungsvereinbarung des Rehabilitationsträgers mit dem Träger der WfbM zu treffen sein, die dem Umstand einer verkürzten Beschäftigungszeit durch eine verminderte Vergütung (§ 41 Abs. 3 SGB IX) Rechnung trägt. Dass die Träger der WfbM daher in aller Regel nicht lediglich eine Stellungnahme des zuständigen Fachausschuss der Werkstatt (vgl. § 2 WVO) erwirken wird, sondern auch eine Zustimmung des Rehabilitationsträgers zu erlangen sucht, ändert nach der gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung an der primär privatrechtlichen Verortung eines möglichen Anspruchs auf Teilzeitbeschäftigung gegenüber dem Träger der WfbM nichts.
III.
Da nach alledem der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung von Beginn an keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne der §§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. 114 Abs. 1 ZPO hatte, ist die Versagung von Prozesskostenhilfe durch das Sozialgericht nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Versagung von Prozesskostenhilfe auf der Vorschrift des § 127 Abs. 4 ZPO i.V.m. § 73a Abs. 1 S. 1 SGG und im Übrigen auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 S. 3 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 06.03.2009
Zuletzt verändert am: 06.03.2009